Bayern 2

     

Hörspiel "Meine geniale Freundin" (1/4) von Elena Ferrante

Schülerin an Tafel | Bild: BR

Sonntag, 29.11.2020
15:05 bis 16:00 Uhr

BAYERN 2

Meine geniale Freundin (1/4)
Neapolitanische Saga
Von Elena Ferrante
Aus dem Italienischen von Karin Krieger
Komposition: Ulrike Haage
Bearbeitung und Regie: Martin Heindel
BR 2020
Ursendung

Wiederholung am Montag, 20.05 Uhr
Als Podcast verfügbar im Hörspiel Pool

Die figurenreiche Roman-Tetralogie von Elena Ferrante - im deutschsprachigen Raum auch Neapolitanische Saga genannt - erzählt die Geschichte der Freundschaft von Lila und Lenù, zweier Kinder, Mädchen und Frauen, zweier Liebender, zweier Rivalinnen. Es ist eine lebenslange Freundschaft, die aus der Perspektive von Lenù, wie Elena Greco von ihrer Familie und ihren Freunden gerufen wird, geschildert wird. Das Leben der von ihr bewunderten Lila sowie das gemeinsame Aufwachsen im Rione, einem Armeleuteviertel Neapels, mit seinem Geflecht an familiären und nachbarschaftlichen Verbindungen, seinen Abhängigkeiten, den oberflächlichen Streitereien, den offensichtlichen und den verborgenen Grausamkeiten, bilden dabei ihren konstanten Bezugspunkt.
Von den 1950er Jahren bis in die Gegenwart wird die Entwicklung der beiden so verschiedenen Frauen beschrieben, die aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Begabungen aus dem sozialen Gefüge des Rione herausstechen und doch in ihm verhaftet bleiben. Während es der eher ängstlichen und fleissigen Elena gelingt, sich zumindest äusserlich aus dem Rione heraus zu lernen, zu arbeiten und zu schreiben, wird die geniale und furchtlose Lila ihn zeitlebens nicht verlassen. Hier ist jeder mit jedem verbunden und die Menschen scheinen sich oft wie ferngesteuerte Marionetten an unsichtbaren Fäden durch dieses Viertel zu bewegen. Von der gemeinsamen Schulzeit über Lilas frühe Hochzeit mit einem aufstrebenden Lebensmittelhändler, immer wieder wirken im Hintergrund Kräfte und Zusammenhänge, die die reflektierende Lenù oft erst im Rückblick begreift.
So sind Ferrantes Neapel-Romane zwar auch große Coming-of-Age-Literatur, doch führen sie tief hinein in gesellschaftspolitischen Themen: Es geht um den Einfluss der Camorra in Neapel, um Gewalt und um den Kampf um ein selbstbestimmtes Leben. Ferrante spannt leichthändig einen Bogen über die europäische Geschichte der Nachkriegszeit mit ihren vielfältigen Brüchen und politischen Herausforderungen. Das Thema Chancengleichheit - sowohl zwischen den Geschlechtern als auch den sozialen Schichten, die Aufarbeitung der Traumata faschistischer Diktaturen in Europa, die Zeit der Studentenbewegung in den 1960er Jahren, all dies wird angesprochen anhand der beiden miteinander verwobenen Einzelschicksale der Freundinnen Elena Greco und Lila Cerullo. Der erste Teil, Meine geniale Freundin, umfasst Kindheit und frühe Jugend.