Bayern 2

     

Nachtstudio Alt aber sexy!

Dienstag, 05.02.2019
20:05 bis 21:00 Uhr

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BAYERN 2

Verdrängt das Kino das Theater?
Ein Essay von Peter Handke und eine Diskussionsrunde mit Theodor W. Adorno, Joachim Kaiser, Uwe Nettelbeck und Martin Walser
BR 1968

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1968. Die Nouvelle Vague und der Junge Deutsche Film wurden gefeiert. Gleichzeitig steckte das Theater in einer Umbruchkrise. Der Bayerische Rundfunk rief eine hochkarätige Runde zusammen, um über den Zustand des jungen und des alten Mediums zu sprechen: den zu Unrecht fast vergessenen Filmkritiker, Gerichtsreporter und Schriftsteller Uwe Nettelbeck, den Philosophen Theodor W. Adorno, den Schriftsteller Martin Walser und den Theaterkritiker Joachim Kaiser.
Die "falsche Feierlichkeit“, den hohen Ton im Theater wünschte sich keiner zurück. Aber noch wirkte der Film wie ein Fremdkörper im intellektuellen Diskurs.
Theodor W. Adorno etwa strengte das Betrachten eines "anspruchsvollen" Films mehr an, als die Partitur des "Fidelio" zu hören, denn da hörte er "die Fehler des Dirigenten, bevor er überhaupt dazu kommt, sie zu machen".
Peter Handke konnte mit diesem Lagerdenken nichts anfangen. Ein Satz wie "Ich gehe lieber ins Kino als ins Theater“, ödete ihn an, weil es für ihn ein Ausdruck von Leierkastenkritik war. Das traditionelle Theater langweilte ihn als ein Platz für "leeres Zeremoniell“. Aber dem Film erging es nicht besser. Für den brillanten Bilderstürmer Handke war der Film ebenso in Ritualen verfangen wie das Theater. Die Revolutionäre von einst, Godard oder Bergmann, repetierten bloß noch Zitate ihrer eigenen Grammatik. Handke zeigte sich als profunder, am Strukturalismus geschulter und überaus strenger Kenner des Films. Es liest Percy Adlon.