Bayern 2

     

Bayern - Land und Leute Liesl Karlstadt und die Mulis

Liesl Karlstadt mit einem Foto von sich und einem Muli (1950) | Bild: picture-alliance/dpa/Keystone/Erwin Pszolla

Sonntag, 04.12.2016
13:05 bis 13:30 Uhr

BAYERN 2

Liesl Karlstadt und die Mulis
Wie Maultiere der Volksschauspielerin das Leben retteten
Von Joana Ortmann
Als Podcast verfügbar

Liesl Karlstadt, geniale Partnerin des ebenso genialen wie exzentrischen Karl Valentin, erlebte in den 1930er Jahren eine tiefe Lebenskrise. Sie litt an Depressionen, verlor beim erfolglosen Panoptikum-Projekt ihres Partners ihr gesamtes Geld. Am 6. April 1935 stürzte sie sich in die Isar, wurde gerettet und in die psychiatrische Klinik in der Nußbaumstraße eingewiesen. "Kummer" sei der Grund für den Suizidversuch gewesen, heißt es in der Polizeichronik. In den nächsten Jahren häuften sich die Nervenkrisen und Klinikaufenthalte. In dieser seelischen Not half Liesl Karlstadt ein Aufenthalt in den Alpen. Ein Freund hatte ihr seine Wohnung in Ehrwald in Tirol angeboten, damit sie dort Abstand gewinnen konnte - vor allem von Karl Valentin, von dem sie sich 1940 nach mehreren vergeblichen Versuchen endgültig getrennt hatte.

Auf den Wanderungen im Zugspitzgebiet begegnete Liesl Karlstadt Gebirgsjägern mit ihren Mulis. Sie waren in einer Militärdiensthütte oberhalb des Gasthofs "Alpenglühn" stationiert. Dort zog Liesl Karlstadt ein, nachdem sie sich mit den Maultieren angefreundet hatte - als einzige Frau unter den Soldaten. Eigentlich eine verbotene Aktion. Um dem Ganzen einen offiziellen Anstrich zu verpassen, gaben die Gebirgsjäger Karlstadt den Namen "Gustav" und machten sie zum "Hilfstragetierführer." Auf Veranlassung des Kompaniechefs wurde sie offiziell zum Obergefreiten ernannt. Dank ihres androgynen Aussehens spielte sie ihre Männerrolle perfekt. Später sagte sie: "Wenn ich einen Weiberrock angehabt hab, hab ich mich nix sagen trauen. Aber in der Hosn hab ich immer a freche Goschn ghabt, weil ich gwußt hab, daß mich meine Kameraden nicht im Stich lassen."

Die zwei Jahre in der Natur, weit weg vom Krieg, und die Arbeit mit den Mulis halfen Liesl Karlstadt zurück ins Leben. Sie wurde wieder gesund, kehrte 1943 nach München zurück und begann erfolgreich ihre neue Karriere als Volksschauspielerin.

Joana Ortmann mit einem besonderen Kapitel aus Karlstadts Leben.