Bayern 2

Bayern - Land und Leute Das Leben des Landadels im 18. Jahrhundert

Donnerstag, 26.05.2016
13:05 bis 13:30 Uhr

BAYERN 2

Sebastian von Pemler - "Wür fressen guett …"
Oder: das verspielte Leben des Landadels im 18. Jahrhundert
Von Ulrich Zwack
Als Podcast verfügbar

Der Bayer gibt gerne den Barockmenschen. In Anbetracht seines zuweilen stattlichen Bierbauchs sicher nicht ganz zu unrecht. Jenseits der gerundeten Leibesmitte sind die Daseinskonstanten freilich nie sonderlich üppig gewesen. Jahrhundertelang konnte er lediglich hoffen, dass sich keine Missernte einstellte, dass sich die allgemeine Teuerung halbwegs in Grenzen hielt, einfallende Ungarn-, Schweden- oder Österreicherhorden den eigenen Hof verschonten und sich weder an Mitmenschen vergriffen noch am lieben Vieh. Barocke Lebensfreude kam unter diesen Umständen höchstens beim Kirchweihtanz auf oder anlässlich einer zünftigen Wirtshausschlägerei.

Der Adel lebte schon eher in Saus und Braus. Weil aber die bayerischen Landadligen lieber schreiben ließen, als selber zur Feder zu greifen, sind Selbstzeugnisse vom munteren Lebenswandel der Blaublütigen sehr selten. Zu den wenigen Ausnahmen gehören die Mitte des 18. Jahrhunderts verfassten Tagebücher des Freiherrn Sebastian von Pemler. Obschon Zeuge des Zeitalters der Vernunft und der Aufklärung, erlaubte er sich, das pralle Leben des bayerischen Landadels mit gleichsam kindlicher Unvoreingenommenheit zu schildern: Man spielte Karten- und Würfelspiele mit so seltsamen Namen wie "Gugu-Pamperln" oder "Schnig-Schnag-Schnur", lud Seinesgleichen zu Jagd und Vogelfang, machte Gegenbesuche, las Zeitung, frönte der Malerei, begab sich hin und wieder auf Wallfahrt. Und wenn es besonders hart kam, musste man sich auch schon einmal einem Aderlass unterziehen oder dem Dauerärger mit Domestiken stellen. - Seinesgleichen strebte auch damals schon nach einer Karriere im Staatsdienst. Der Rang eines kurfürstlich-bayerischen Kammerherren zum Beispiel war ein Posten, für den man sich mit allen Mitteln ins Zeug zu legen bereit war.

Ein Plädoyer für eine klassenlos-demokratische Gesellschaft von Ulrich Zwack.