Bayern 2

     

Bayern - Land und Leute Johannes R. Becher zum 125. Geburtstag

Der Schriftsteller Johannes R. Becher gibt während einer Einladung des "Demokratischen Kulturbundes Deutschland" am 08.12.1950 eine Pressekonferenz in Frankfurt am Main. | Bild: picture-alliance/dpa / Vack

Sonntag, 22.05.2016
13:05 bis 13:30 Uhr

BAYERN 2

"Die Toppsau vom Zigarettenladen … ist ermordet worden"
Johannes R. Becher und sein Roman "Abschied"
Von Henrike Leonhardt
Vom 22. bis 29.05.2016 als Streaming verfügbar

Er hat seine Vaterstadt München und die Münchner Boheme so zugeneigt bedichtet wie kaum ein anderer Münchner Schriftsteller. Hat aber auch die DDR-Nationalhymne verfasst, "Auferstanden aus Ruinen ...", und wurde DDR-Kultur-Minister in Zeiten des Kalten Krieges - darum wird die Erinnerung an Johannes R(obert) Becher nicht gerade gepflegt. Auch ist sie getrübt durch ein tödliches Drama, das er als 19-Jähriger dichtender Gymnasiast im April 1910 inszenierte. In Kleistscher Manier wollte er seine Todesphantasien als Doppelselbstmord in die Tat umsetzen - schoss auf seine sieben Jahre ältere Geliebte, eine Zigarrenhändlerin mit Nebeneinnahmen, schoss dann auf sich. Fanny Fuß starb, Becher, schwerverletzt, überlebte.

Der verschleiernden Darstellung des verhassten Vaters (Oberlandesgerichtspräsident) verdankte es der Sohn, dass er in psychiatrischer Behandlung einer Bestrafung entging. Später wird Becher von einer "Pubertätstragödie" sprechen, die festgestellte Unzurechnungsfähigkeit (nach § 51) abstreiten: "Ein Opfer wollte ich bringen, für Großes sterben."

Was geschah, hat Bechers gesamtes Werk beeinflusst, immer wieder hat er es aufgegriffen und - aus befremdlichen, oft verfremdenden und widersprüchlichen Blickwinkeln - literarisiert, so als Traum in seinem 1940 im Moskauer Exil abgeschlossenen Entwicklungsroman "Abschied". Wie kam es zu der Tragödie? Was ist Dichtung? Was Wahrheit? Henrike Leonhardt versucht, dem "Fall Becher" näherzukommen.

Eine Sendung zum 125. Geburtstag von Joannes R. Becher am 22. Mai 2016.