Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Die Mission des Karl Wilhelm Diefenbach

Karl Wilhelm Diefenbach an Starnberger See, 1886 | Bild: Archiv der Spaun-Stiftung, Seewalchen; Claudia Wagner

Samstag, 14.12.2013
08:05 bis 09:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

"Erkenne Menschheit, deine Mutter, die Natur ..."
Die Mission des Karl Wilhelm Diefenbach
Von Claudia Wagner
Als Podcast verfügbar
Wiederholung am Sonntag, 20.05 Uhr

Maler und Kulturrebell, Pazifist, Symbolist und "Sonnenanbeter": so lässt sich in Schlagworten die bizarre Künstlerpersönlichkeit Karl Wilhelm Diefenbachs charakterisieren. Barfuß und in Kutte gekleidet macht er Ende des 19. Jahrhunderts nicht nur in München von sich reden. Vor dem Münchner Hofbräuhaus wettert er "gegen den Verzehr von Tierfetzen", sieht im "Tiermord" die Ursache für den "menschenmordenden Krieg", propagiert Licht-Luft-Bäder des nackten Körpers und muss sich nicht zuletzt aufgrund deren praktischer Umsetzung wegen "groben Unfugs" im Rahmen des ersten "Nudistenprozesses" der deutschen Geschichte verteidigen.
Seine Suche nach neuen Wegen führt ihn aus dem Schwabinger "Wahnmoching" ins einsame Isartal, von dort nach Wien, Kairo, Triest und schließlich auf die von Bohemiens und Künstlern besuchte und besiedelte Mittelmeerinsel Capri, wo er 1913 stirbt und in Vergessenheit gerät.
Heute jedoch ist der damals zum "Kohlrabiapostel" und weltfremden Spinner degradierte Kulturrebell zu rehabilitieren. Sein früher Feldzug für ein Leben im Einklang mit der Natur, für Mäßigung und eine friedliche Religion der "Menschlichkeit" erscheint mit Blick auf die ökologischen, ökonomischen und politischen Probleme unserer Zeit erstaunlich aktuell. Seine Konflikte zwischen der dogmatischen Moral der prüden Gründerzeit und dem reformerischen Kampf des freien Individuums sind gleichzeitig typisch für den revolutionären Aufbruch um 1900.
Claudia Wagner erinnert an Karl Wilhelm Diefenbach.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

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