Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Traudl Well, Mutter der Geschwister Well

Traudl Well | Bild: BR

Samstag, 14.07.2012
08:05 bis 09:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Well done - oder - "Ja, so war des!"
Traudl Well, Mutter der Geschwister Well
Von Brigitte Reimer
Wiederholung am Sonntag, 20.05 Uhr

Traudl Well lacht gern und viel. Sie ist eine wunderbare Erzählerin, eine, die den Faden stets im Auge behält. Bescheiden zweifelt sie daran, dass das, was sie erzählen kann, andere interessiert. Aber wer ihr zuhören darf, kann gar nicht anders, als alles ringsum zu vergessen und die Welt so zu sehen, wie Traudl Well sie schildert. Oft ist es eine arme Welt. In den 30er Jahren etwa, als sie gern Medizin studiert hätte, aber die Schule verlassen musste, weil ihre Eltern sich die Ausbildung nicht leisten konnten. Oder in den 40er Jahren, als sie mit ihrem Mann in einem Schulhaus ohne fließendes Wasser gewohnt hat. Täglich hat sie das Wasser für die Familie mit inzwischen 6 Kindern aus dem Dorfbrunnen ziehen müssen. „Und is a ganga“ sagt sie und lacht. Vieles ist gegangen, weil es eben gehen musste. Geholfen hat die Musik. Sie hat den Kindern das Flötenspielen beigebracht, ihr Mann das Singen. Die Instrumente hat „oans dann dem anderen wieder gelernt“. Selbstverständlich ist das für sie, wie vieles andere auch. Nur eines mag sie ganz und gar nicht: Jammern. Das ist ihr fremd.
15 Kinder hat Traudl Well geboren, und dass alle anständige Leut geworden sind, freut sie. Auch wenn ihr manche Texte der Biermösl Blosn nicht gefallen haben. „Ma g’wohnts“ sagt sie knapp und vergisst nicht zu erzählen, dass der Pfarrer von Günzlhofen darum gebeten hat, dass sie bei ihm in der Kirche singen und spielen.
Musik macht Traudl Well heute noch, mit über 90 Jahren. Bei den Auftritten der Geschwister Well spielt sie mit - so zur Zeit in den Münchner Kammerspielen beim Hausmusikabend "Fein sein, beinander bleiben". Und für das Feuilleton von Brigitte Reimer ist sie 2005 mit ihrem Sohn Helmut ins Studio 4 des Bayerischen Rundfunks gekommen, um einige Zither-Stücke aufnehmen zu lassen.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

Das Bayerische Feuilleton erzählt keine Geschichten, die schon 100 Mal erzählt wurden. Alle Spielarten von Geschichte hinter den Geschichten sind möglich. Wir nutzen die Chance für Spott, Scherz, Satire und Ironie. Uns interessieren Themen, in denen sich reale Ortschaften mit Literatur und Kunst verbinden. Wir schätzen Originale in der schönen neuen Medienwelt der "Unauffälligen". Wir bieten radiophone Geschichten mit Gedankenstoff und Spielraum für Gefühle. Als journalistisches Genre hat das Bayerische Feuilleton eine anspruchsvolle Tradition.