Bayern 2

     

Bayern - Land und Leute Die erotische Rebellion und ihre Kinder

Porträt des schwedischen Schriftstellers August Strindberg, dessen Todestag sich am 14. Mai zum 100. Mal jährt. Gemalt hat das Porträt Edvard Munch. | Bild: picture-alliance/dpa

Sonntag, 13.05.2012
13:30 bis 14:00 Uhr

BAYERN 2

Die erotische Rebellion und ihre Kinder
Frida Uhl zwischen Strindberg und Wedekind
Von Ulrike Voswinckel
Als Podcast verfügbar

Als Frida Uhl 1893 in München ankam, war sie einundzwanzig Jahre alt und heimlich verlobt mit August Strindberg, den sie einige Monate vorher in Berlin kennengelernt hatte. "Nun legt der Weiberfeind seinen Kopf auf Ihr Knie", hatte er ihr geschrieben, "zum Zeichen, dass jetzt das Gute in Ihnen Macht gewinnt über das Böse in ihm; aber missbrauchen Sie Ihre Macht nicht, denn sonst haben Sie das übliche Schicksal der Tyrannen zu erwarten." Diese Liebeserklärung des berühmten Weiberfeindes hätte sie warnen müssen, aber es war schon zu spät. Es begann ein Machtkampf in der Ehe, in dem die Rollen merkwürdig vertauscht waren zwischen ihrer männlichen Kraft und erotischen Verführung und seiner sensitiven Einfühlung und praktischen Hilflosigkeit, die in Bosheit und Zerstörung umschlug; schon sehr bald verlor Frida den Kampf um die Liebe und blieb mit der gemeinsamen Tochter allein.
Frida Strindberg war die Tochter des Wiener Staatsrats Friedrich Uhl, der auch der Herausgeber der "Wiener Zeitung" und ein einflussreicher Theaterkritiker war; als Journalistin und Agentin folgte sie seinem Beispiel, denn sie schrieb gern, im Gegensatz zur mit ihr befreundeten Gräfin Reventlow, und sie wollte unbedingt einen Beruf haben und ihr eigenes Geld verdienen. Im selben Jahr, 1897, in dem Franziska zu Reventlows "vaterloser" Sohn Rolf geboren wurde, brachte Frida Strindberg ihren Sohn Max Friedrich zur Welt. Er war ein Kind von Frank Wedekind, in den Frida sich nach dem Ehedesaster verliebt hatte.
Max Friedrich erhielt den Namen Strindberg, dem er später versuchsweise den Namen Wedekinds hinzufügte, was in Literaturkreisen für ungläubige Heiterkeit sorgte; seine ersten Schreibversuche zeigte er stolz dem glühend verehrten Vater Frank Wedekind und dessen junger Frau Tilly, die sich seiner annahm, was Wedekind zu Eifersuchtsanfällen trieb. Viel später, im zweiten Weltkrieg, schrieb Friedrich Strindberg einen dokumentarischen Roman über die Juden, die in Berlin versteckt zu überleben versucht hatten, und die Deportationen; der Roman erschien 1945 in Schweden und war eines der ersten Zeugnisse aus dem Untergrund der Nazizeit.
Ulrike Voswinckel skizziert ein Drama zwischen Kunst und Leben.