radioTexte am Donnerstag Choderlos de Laclos: Gefährliche Liebschaften (2/2)

Der Vicomte de Valmont und die Marquise de Merteuil: eines der berühmtesten, klügsten und maliziösesten Paare der Weltliteratur treiben eine Wette bis zum tödlichen Ende. Zweiteilige Lesung um Dekadenz, Erotik und Narzissmus

"Im Ernst, Vicomte, Sie haben die Präsidentin verlassen? Sie haben ihr den Brief zugeschickt, den ich Ihnen für sie aufgesetzt hatte? Sie sind wirklich reizend und haben meine Erwartung übertroffen!"
(145. Brief der Marquise von Merteuil an den Vicomte de Valmont)

"Es ist also nicht lächerlich, Ihnen zu wiederholen, dass ich von diesem selben Tage an entweder Ihr Liebhaber bin oder Ihr Feind."
(153. Brief von Vicomte de Valmont an die Marquise von Merteuil)

Ein Offizier schreibt nicht über die Macht der Kriegsführung, sondern über die Macht der Verführung. 1782 gelingt Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos mit seinen "Les Liaisons dangereuses" nicht nur ein Weltklassiker, sondern auch ein Skandalroman, der unsere Lust an Klatsch und Voyeurismus entlarvt und dessen psychologische und literarische Brillanz seit über 200 Jahren unbestritten ist. "Sein Briefroman besteht aus 175 Briefen, die multiperspektivisch die Machenschaften zweier adeliger Freigeister schildern. Die intellektuelle skrupellose Marquise de Merteuil schließt mit dem gut aussehenden Bonvivant und Ex-Geliebten Vicomte de Valmont eine Wette ab: Gelingt es Valmont, die tugendhafte Madame de Tourvel zu verführen? Falls die Intrige gelänge, lockt dem Verführer als Gewinn eine Nacht bei der Marquise. Die Jagd nach Triumph und Trophäen, kaltblütigem Amüsement und Selbstbestätigung beginnt. Doch was geschieht, wenn die Waffe der Liebe sich gegen den Schützen wendet? Die blaublütigen Komplizen werden letztendlich zu erbitterten Rivalen.
Die "Gefährlichen Liebschaften", mehrfach für Bühne und Kino erfolgreich adaptiert und prämiert, gehören zu den einflussreichsten Werken der französischen Literatur. Ein aufklärerisches Buch, das Standesgesellschaft und Adel attackierte - kurz vor der Französischen Revolution. Ein Buch, das mit der Figur der Marquise de Merteuil eine damals skandalös schillernde Protagonistin vorstellt, eine Frau der Vernunft und Bildung, die jedoch ihren genialen Verstand nicht zum Wohle Anderer einsetzt - im Sinne Rousseaus - sondern allein für ihren Glanz, für ihren Genuss. Ein Buch, das mit den Worten Charles Baudelaires bis heute "brennt wie Eis".

Die gekürzte Lesung in zwei Teilen folgt der von Wolfgang Tschöke übersetzten Ausgabe der "Gefährlichen Liebschaften", erschienen 2003 im Hanser Verlag.
Lesungen: Wiebke Puls und Wolfgang Pregler

Mit freundlicher Genehmigung des Verlags bieten wir die Sendungen auch im Bayern 2 Podcast "Lesungen", sowie in der Audiothek der ARD bis zum 25. April 2023 an.