Bayern 2

     

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Sonntag, 12.06.2022
22:05 bis 23:00 Uhr

BAYERN 2

“Slow Cinema” oder: Wie entschleunigte Filme unsere Welterfahrung erweitern
Von Markus Metz
Diese Sendung zum Nachhören unter: www.bayern2.de/zuendfunk
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Das Kino überflutet unsere Synapsen mit immer schnelleren Schnitten, immer mehr special effects, Star-Spektakel, Montagetricks und digitalen Monstern. Selbst das sogenannte "Arthouse"-Kino ist nicht gefeit gegen das Immer-mehr und Immer-schneller. Als Gegenbewegung findet eine Art des kontemplativen, beobachtenden und handlungsarmen Kinos vermehrt Zuspruch, das man "Slow Cinema" nennt. "Slow Cinema" ist weder eine "Schule" noch ein Stil noch gar ein Dogma. Vielmehr ist es eine Haltung. Es geht dabei nicht allein um eine Entschleunigung durch lange Einstellungen, durch achtsame Montage und durch wenig Schauspiel bei den Darstellerinnen und Darstellern. Gegen konventionelle Dramaturgien wie das Drei-Akt-Schema, die Pflicht zu Anfang und Ende der Story und gegen Binsenweisheiten des Filmbusiness setzt das Slow Cinema auf die genaue Beobachtung von Menschen in ihrer konkreten Umwelt. Aktuell ist Slow Cinema sowohl im Spielfilm (Mike Mills "Come on, Come on", Alexandre Koberidzes "Was wir sehen, wenn wir zum Himmel schauen", Apichatpong Weerasethakuls "Memoria") als auch im Dokumentarfilm (James Bennings "The United States of America") unübersehbar, es könnte zu einem wichtigen Impuls für die nächste Generation der Filmemacherinnen und Filmemacher werden. Es entstehen Filme, die sich weniger um Superhelden-Neurosen und Computerträume als wieder mehr um wirkliche Menschen kümmern und dabei eine wunderbare neue Freiheit entdecken.