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radioTexte - Das offene Buch Nobelpreis 2021: Abdulrazak Gurnah (2/2)

Literaturnobel-Preisträger Abdulrazak Gurnah | Bild: picture-alliance/empics/Steve Parsons

Sonntag, 12.12.2021
12:30 bis 13:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

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Als die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften im Oktober den diesjährigen Literatur-Nobelpreisträger bekanntgab, war der Name Abdulrazak Gurnah hierzulande weitgehend unbekannt. Nun, kurz vor der Preisverleihung, ist ein früher Roman des tansanisch-englischen Schriftstellers neu zu entdecken. Pierre Sanoussi-Bliss liest aus "Das verlorene Paradies". Cornelia Zetzsche im Exklusiv-Interview mit dem Nobelpreisträger 2021.

Seine Romane spielen zumeist in Ostafrika, an der Küste des heutigen Tansania. Seine wiederkehrenden Themen und Motive spiegeln ein Weggehen ohne Ankommen, Kolonialismus und Rassismus, Fragen von Identität und Migration als einer Form der Wanderung in historischem Rahmen, auch "Das verlorene Paradies", erstmals 1996 auf Deutsch erhältlich.

Yusuf, dessen Vater ein kleines Hotel besitzt, wächst in einer multiethnischen, vielsprachigen Umgebung auf. Araber, Afrikaner, Inder leben, nicht konfliktfrei, aber doch in friedlicher Koexistenz miteinander. Als der Vater seine Schulden bei einem Händler nicht mehr zahlen kann, gibt er seinen Sohn in Schuldknechtschaft. Yusuf lebt fortan bei dem arabischen Herrn, wird dann als Diener an ein anderes Paar weitergegeben und ist nur ein kleiner Bauer auf dem Schachbrett der Erwachsenen. Bis das deutsche Militär das Land zur Kolonie macht. In seinem neuen Roman "After Lives" schildert Abdulrazak Gurnah diese blutige deutsche Kolonialherrschaft. In "Paradise" von 1994 geht es erst einmal um das Schicksal von Yusuf, um seine Umgebung und das Leben um 1900.

Abdulrazak Gurnah, 1948 auf Sansibar geboren, gehörte zur muslimisch-arabischstämmigen Minderheit. Swahili ist seine Muttersprache. Bei revolutionären Unruhen, floh er 1967 nach England und begann dort zu schreiben, auf Englisch. Er lehrte postkoloniale Literatur in England und Afrika, veröffentlichte bislang zehn Romane, schrieb Essays und Erzählungen und war zweimal für den Booker Prize nominiert, auch mit "Das verlorene Paradies".

"Ich schreibe, um Probleme, Ungerechtigkeiten oder sogar Wahrheiten oder Glück um mich herum anzusprechen", sagt Abdulrazak Gurnah im Exklusiv-Interview.

Bei der Bekanntgabe des Nobelpreises im Oktober, war kein deutschsprachiges Buch des diesjährigen Gewinners vorrätig. In Windeseile sicherte sich Penguin die Rechte für Gurnahs Werk und macht nun als erstes "Das verlorene Paradies" wieder auf Deutsch lesbar.

Lesung: Pierre Sanoussi-Bliss (Der Hörverlag)
Regie: Michael John
Exklusiv im Gespräch: Abdulrazak Gurnah
Moderation und Redaktion: Cornelia Zetzsche

Mit freundlicher Genehmigung der Verlage Penguin Random House und Der Hörverlag können wir die Sendung bis 19. Dezember 2021 als kostenlosen Podcast anbieten.