Bayern 2

     

radioWissen Satirezeitschriften von damals

Zeitschrift mit Simplicissimus-Schriftzug und nackter Schwarzafrikanerin mit Saxophon | Bild: picture-alliance/dpa

Dienstag, 03.03.2015
09:05 bis 10:00 Uhr

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BAYERN 2

Der "Simplicissimus"
Satire im Kaiserreich
Autorin: Justina Schreiber / Regie: Irene Schuck

Karl Kraus
Die Fackel
Autor: Christoph Leibold / Regie: Martin Trauner

Das Kalenderblatt
3.3.1875
Erstes Eishockeyspiel in einer Halle
Von Johannes Roßteuscher

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"Es hat mir so wollen behagen, mit Lachen die Wahrheit zu sagen": Die satirische Wochenzeitschrift, die der Verleger Albert Langen 1896 in München gründete, nahm sich den Leitspruch des einfältigen Helden aus Grimmelshausens berühmtem Schelmenroman zum Motto. Ludwig Thoma, Hans Slevogt, Käte Kollwitz, Karl Arnold, Olaf Gulbransson, Bruno Paul, Eduard Thöny, Rudolf Wilke, Alfred Kubin, Walter Trier, A. Paul Weber, Heinrich Zille, Korfiz Holm, Rainer Maria Rilke, Otto Julius Bierbaum, Hermann Hesse oder auch Karl Kraus: wer damals zur künstlerischen und literarischen Avantgarde zählte, arbeitete für das Blatt. Als Markenzeichen fungierte auf dem Titelblatt bald schon - vom Hauszeichner Thomas Theodor Heine entworfen - eine blutrote Bulldogge. Die beißende Kritik an Kirche und Kaiserreich, der Spott über den deutschen "Michel", die brisanten Karikaturen und Glossen riefen regelmäßig die Zensur auf den Plan. Aber Beschlagnahmungen und Strafprozesse trugen letztlich zum Ruhm des Blattes in linksliberalen demokratischen Kreisen bei. Von einer Phase unkritischen Patriotismus´ während des Ersten Weltkriegs einmal abgesehen, konnte der "Simplicissimus" seinen Ruf als wichtigstes illustriertes Periodikum Deutschlands bis zum Jahr 1933 erfolgreich behaupten.
"Der wahre Weltuntergang ist die Vernichtung des Geistes!" schrieb Karl Kraus in seiner Zeitschrift "Die Fackel", die er ab 1899 selbst herausgab und deren alleiniger Autor er bald war. Darin sagte Kraus einer Gesellschaft den Kampf an, die in seinen Augen ein "phrasenreiches oder völlig gedankenloses" Auskommen fristete. Inhaltsloses Geschwätz - für Karl Kraus war es mehr als nur ein Ärgernis, sondern schlichtweg gemeingefährlich. Dagegen setzte er in der "Fackel" "kein tönendes Was wir bringen, aber ein ehrliches Was wir umbringen". Kurzum: Wen Kraus in seinen Essays und Satiren angriff, den wollte er vernichten. Dabei begnügte er sich nicht mit pauschaler Gesellschaftskritik, sondern griff einzelne Personen und Persönlichkeiten direkt an - oft polemisch und ohne Rücksicht auf das, was man heute Political Correctness nennt. Doch nicht die blindwütige Lust an Diffamierung und Zerstörung trieb ihn an. Sondern im Gegenteil: die Sorge vor der zerstörerischen Kraft der Geistlosigkeit. Satire war für Karl Kraus das Gegengift; ein Werkzeug der politischen Einmischung und des kritischen Denkens.

Redaktion: Petra Herrmann
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