Bayern 2

     

Nachtmix Mit Ralf Summer

Montag, 16.03.2020
23:05 bis 00:00 Uhr

BAYERN 2

Blue Monday
Geistermusik von Four Tet, Navy Blue und Jay Electronica

Schlägt Corona auf die Stimmung? Fährt die Ungewissheit in die Glieder? Beeinflusst das Virus gar die Musik, die wir hören? Ungewissheit und Unsicherheit prägen die Lage dieser Tage. Diffus auch die Atmo vieler Stücke dieser Sendung. Auch auf einer dicken Überraschung aus dem Rap: Jay Electronica bringt nach 13 Jahren und vielen Mixtapes sein Debüt auf den (Digital-)Markt: der US-HipHopper hat sein exquisites Werk im Prinzip als Duett mit Rap-King Jay-Z aufgenommen. Der aus New Orleans stammende und als Timothy Elpadero Thedford geborene Musiker (der sich als Komponist Elpadaro F. Electronica Allah nennt) sampelt auf „A Written Testimony“ so unterschiedliche Künstler wie Allen Touissant, Khruangbin oder gar Robert Fripp / Brian Eno. On top: fürs Artwork konnte Jay Electronica (ex-Mann von Neo-Soul-Queen Erykah Badu) Beyoncé gewinnen (sie stellt den Titel „A Written Testimony“ auch in arabischer Schrift dar).
Weiteres US-Rap-Highlight: Navy Blue zählt zu den noch unentdeckten Perlen des HipHop. Auf seinem Debüt rappt der New Yorker zu traumhaft jazzy-souly Beats: mit „Àdá Irin“ schafft der 23jährige ein tollen Einstand. Der ex-Skater begann schon 2015 Musik auf Soundcloud zu posten. Die Songs sind abstrakter, poetisch wirkendender Mumble-Rap, der die Party meidet und zuhause unterm Kopfhörer gehört werden will. Dazu passt die dunkle, melancholische Stimmung auf der neuen „20, 20 EP“ von Tricky, dem TripHop-Pionier. Geisterbeats gibt es auch auf „Ghost Town“, dem neuen Song von Greentea Peng. Die Londonerin ist eine Entdeckung zwischen Rap und Poetry. Wir hören Emma-Jean Thackray: sie wurde von der BBC zum Winterfest nach New York geschickt - als Vertreterin der vitalen UK-Jazz-Szene. Dabei auch Sam Gendel (elektronisch verbogener L.A. Jazz) und LeftLeft (UK-Garage). 
Und: Ehre wem Ehre gebührt - wir verabschieden uns sowohl von Genesis P-Orridge (Psychic TV, Throbbing Gristle) als auch von Bernd Hartwich (Merricks, Der Englische Garten). 
März 2020, der etwas andere Springbreak: man darf gespannt sein, ob und wenn ja, welche Wege Musiker / Labels / Läden während dieser etwas anderen „Sperrzeit“ finden, um überhaupt noch etwas Pop-Geld zu machen. Wie singt der Berliner Songwriter Jakob Dobers am Ende: „jetzt kommt eine seltsame Zeit“...