Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Der Heimatabend

Volksmusikanten in Tracht in einem bayerischen Wirtshaus | Bild: Alfred Strobel/Süddeutsche Zeitung Photo

Samstag, 28.09.2019
08:05 bis 09:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Sehnsucht nach der heilen Welt
Der Heimatabend
Von Elisabeth Tworek

Wiederholung am Sonntag, 20.05 Uhr, Bayern 2
Als Podcast und in der Bayern 2 App verfügbar

Für manche Menschen ist der Heimatabend eine rückwärtsgewandte Unterhaltungsform und hat etwas "Ranziges"; für andere ist er die Gelegenheit, Sommerfrischlern und Einheimischen "unverfälschtes, urwüchsiges Brauchtum" zu vermitteln: Platteln, Blasmusik, Dreigesang und Bauerntheater. Fest steht, dass die Geschichte dieser inszenierten Heimatkunde eng mit der Entwicklung des Fremdenverkehrs im 19. Jahrhundert in den Alpen zu tun hat. Zunächst hieß diese Art von Brauchtumsabend "Bayerischer Abend" oder "Tiroler Abend". Mit dem Nationalsozialismus setzte sich der Begriff "Heimatabend" flächendeckend durch und erlebte seit den 1960er Jahren mit dem Massentourismus seine höchste Blüte.

Heimatfilme, Heimatklänge und Heimatabende stillen seither die Sehnsucht nach einer heilen Welt. Die Wurzeln des Heimatabends liegen in Darbietungen zu Ehren von Monarchen. Als 1838 die Kaiserin von Russland in Wildbad Kreuth zur Kur weilte, ehrten die Einheimischen sie mit einem Schuhplattler. Zwanzig Jahre später tanzten ergebene Untertanen in Miesbach vor ihrem König Max II., als er durch die bayerischen Alpen reiste.
Welches Heimat-Bild wird beim Heimatabend vermittelt? Worin liegt das Erfolgsgeheimnis seiner langjährigen Geschichte? Was sind zeitgemäße Vermittlungsformen von "Heimat" in Musik, Tanz und Theater? Hat der Heimatabend eine Zukunft?

Elisabeth Tworek hat sich in Briefen und Tagebüchern von Heinrich Heine, D. H. Lawrence und Lion Feuchtwanger auf Spurensuche begeben und mit den Musikern Christoph und Michael Well, der Kabarettistin Luise Kinseher und dem Tourismusexperten Paul Rösch gesprochen. Entstanden ist ein bunter Strauß an Bildern, genauso vielfältig und individuell wie das Gefühl von Heimat.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

Das Bayerische Feuilleton erzählt keine Geschichten, die schon 100 Mal erzählt wurden. Alle Spielarten von Geschichte hinter den Geschichten sind möglich. Wir nutzen die Chance für Spott, Scherz, Satire und Ironie. Uns interessieren Themen, in denen sich reale Ortschaften mit Literatur und Kunst verbinden. Wir schätzen Originale in der schönen neuen Medienwelt der "Unauffälligen". Wir bieten radiophone Geschichten mit Gedankenstoff und Spielraum für Gefühle. Als journalistisches Genre hat das Bayerische Feuilleton eine anspruchsvolle Tradition.