Bayern 2

     

Bayern - Land und Leute Der Höhlenmensch

Josef Wiesmeth alias "Hiasl" im Mai 1947 | Bild: Friesenmühle (Postkarte 1947)

Sonntag, 04.01.2015
13:30 bis 14:00 Uhr

BAYERN 2

Der Höhlenmensch
Josef Wiesmeth und sein einsames Leben im Wald
Von Joseph Berlinger
Als Podcast verfügbar

Warum Josef Wiesmeth lieber in einer Höhle im Wald gelebt hat als mitten unter den Menschen, werden wir nicht mehr erfahren. Denn er ist schon 66 Jahre tot. Die einen erzählen, er habe sich nach einem Anschlag auf einen Nebenbuhler vor der Polizei versteckt. Die anderen sagen, er habe sich nach einem Streit mit seinem Vater in die Einsamkeit zurückgezogen. Politische Gründe scheinen es nicht gewesen zu sein. Als Antimilitarist oder Nazigegner ist Josef Wiesmeth niemandem aufgefallen. Sein selbstgewähltes Exil in einer unwirtlichen engen Höhle gab er höchstens für ein paar Stunden auf. Wenn er für einen Beratzhausener Bürger einen Korb geflochten oder einen Besen gebunden hatte, brachte er diesen vorbei. Und wenn im Winter das Thermometer auf minus zwanzig Grad sank, stapfte er hinunter zur Friesenmühle und durfte dort im Heustadel übernachten. Die heutige Wirtin von der Friesenmühle, die man sowohl im feschen Dirndl als auch in der schwarzen Motorradfahrerkluft antreffen kann, hält den Hiasl nach wie vor in Ehren. Als „Hiasl“ ist Josef Wiesmeth im Oberpfälzer Jura um Beratzhausen herum auch heute noch bekannt. Aber es gibt nur mehr eine Handvoll älterer Bürger, die ihm leibhaftig begegnet sind. Joseph Berlinger hat sie ausfindig gemacht und wollte von ihnen wissen, was dieser Josef Wiesmeth für ein Mensch war. Und auch in der Höhle hat Berlinger eine Nacht verbracht, um wenigstens eine leise Ahnung davon zu bekommen, wie dieser Mann Jahrzehnte lang gelebt hat.