Bayern 2

     

radioWissen Oblomow und das Zögern

Darstellung: Iwan gontscharow Oblomow | Bild: picture-alliance/dpa

Dienstag, 18.12.2018
09:05 bis 10:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Iwan Gontscharow
Oblomow

Ausgebremst
Zögern, Zweifeln, Zaudern in der Literatur

Das Kalenderblatt
18.12.1878
"Blindekuh" von Johann Strauß (Sohn) uraufgeführt
Von Isabella Arcucci
Als Podcast und in der Bayern 2 App verfügbar

Iwan Gontscharow - Oblomow
Autorin: Christine Hamel / Regie: Petra Herrmann
Seit Ewigkeiten hätte es so einen Roman nicht mehr gegeben, jubelte Lew Tolstoj nach der Lektüre von Iwan Gontascharows Roman "Oblomow". Mit seinem gleichnamigen, lebensuntüchtigen Helden schuf Gontscharow 1859 nicht nur eine der bedeutendsten Figuren der Weltliteratur, sondern auch eine prophetische Gestalt der modernen Welt. Oblomow ist ein Superstar des Nichtstun, er verbringt seine Tage im Bett und braucht die ersten 200 Seiten im Roman allein zum Aufstehen. Keine seiner Zukunftspläne und seiner hochgesteckten Ideale kann er in die Realität umsetzen. Der träge, aber liebenswerte und sympathische Gutsbesitzer entspricht damit dem in der russischen Literatur weitverbreiteten Typus des "überflüssigen Menschen." Sie stehen außerhalb des gesellschaftlich Notwendigen, woraus sich aber auch ihr widerspenstiges Potential ableitet. Aus der "Oblomowerei" spricht nicht zuletzt die Sehnsucht nach Überwindung eines seelenlosen, kalten Rationalismus. Christine Hamel hat mit dem Theaterregisseur Michail Ugarow und dem russischen Literaturwissenschaftler Wurgun Mechtijew über Oblomow und seine bis heute ungebrochene Aktualität gesprochen und zeichnet das Porträt eines humorvollen, hintergründigen Gesellschafts - und tragischen Liebesromans.

Ausgebremst - Zögern, Zweifeln, Zaudern in der Literatur
Autor: Rolf Cantzen / Regie: Susi Weichselbaumer
Aktivität als Selbstzweck, Leistung um ihrer selbst willen, Fortschritt ohne Ziel - dem verweigern sich die Zögerer, Zweifler und Zauderer in der Literatur. Sie hören ganz plötzlich auf, halten inne oder erstarren. Es sind Momente der Reflexion, der radikalen Infragestellung, aber auch Momente, in der der Gedanke aufblitzt, es könnte alles auch ganz anders sein. So etwa bei Robert Musil: Das Innehalten, die Stagnation entwickelt den "Möglichkeitssinn". Die Handlungshemmung öffnet Spielräume für ein anderes Denken und Handeln. Andere Zögerer verharren gänzlich unproduktiv im Nichtstun. Oblomow zum Beispiel, der Held in Gontscharows gleichnamigem Roman. Er verpasst seine Chancen. Ebenso Wallenstein in Friedrich Schillers Drama. Die Handlung kommt auch dann zu keinem Abschluss, wenn die Akteure von Erzählungen und Romanen plötzlich über den Sinn jeglichen Handelns und Denkens stolpern: Daniil Charms, ein Klassiker der russischen absurden Dichtung, fragt: "Gibt es irgendetwas auf der Erde, das Bedeutung hätte ..." Die Frage endet im Schweigen.

Modearation: Christian Schuler
Redaktion: Andrea Bräu

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