Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Olaf Gulbransson zum 60. Todestag

Olaf Gulbransson beim Zeichnen im Freien (1953) | Bild: picture-alliance/dpa/akg-images

Sonntag, 16.09.2018
20:05 bis 21:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Kraftkerl mit spitzer Feder
Der Zeichner und Karikaturist Olaf Gulbransson
Von Sarah Khosh-Amoz

Wiederholung vom Samstag, 8.05 Uhr
Als Podcast und in der Bayern 2 App verfügbar

Olaf Gulbransson, 1873 in Oslo geboren, war ein Natur-Talent: ein bravouröser Zeichner und ein Maler mit zartem Pinselstrich, klar und ausdrucksstark. Als Mensch ein "Urviech" und Kraftkerl: An heißen Tagen ging er gerne nackt, er konnte Nüsse mit dem Gesäßmuskel knacken, raufte mit berühmten Zeitgenossen und war von schönen Frauen besessen. In dritter Ehe war er mit der 30 Jahre jüngeren Dagny Björnson verheiratet, einer Enkelin des norwegischen Literaturnobelpreisträgers Björnstjerne Björnson. 1929 kaufte der Wahlbayer den Schererhof, ein altes Tegernseer Bauernhaus.

Der Verleger Alber Langen hatte ihn 1902 nach München geholt, wo er als Mitarbeiter der legendären Satirezeitschrift Simplicissimus berühmt wurde. Politische Karikaturen zeichnete der Humorist, dem Simplicissimus-Redakteur Ludwig Thoma den "Blick fürs Politische" absprach, nur nach Ideen der Redaktion. Dies tat er auch in der NS-Zeit, nachdem der Simplicissimus gleichgeschaltet worden war. Zwar verschleppte er den gewünschten Eintritt in die NSDAP, ließ sich aber zur Unterschrift unter einen gegen Thomas Mann gerichteten offenen Brief bewegen. Wegen seines stoischen Opportunismus gegenüber den Nationalsozialisten bezichtigten ihn viele Freunde und Bekannte als Kollaborateur und distanzierten sich von ihm. Sicherer als auf politischem Parkett bewegte sich der Zeichner als Professor an der Münchner Kunstakademie. Er ließ sich von seinen Schülern mit "Olaf" anreden, instruierte sie knapp und unwirsch (Studentenbeschwerde: "Er unterrichtet nicht, er grunzt bloß!") und stellte sich eine Couch ins Atelier.

Nach dem Krieg verlegte sich Gulbransson auf Porträtzeichnungen und BuchiIllustrationen und lebte zurückgezogen auf dem Schererhof. Dort starb der sanfte Spötter am 18. September 1958 im 86. Lebensjahr. Heute erinnert das Olaf Gulbransson Museum Tegernsee an den norwegischen Künstler.

Anlässlich seines 60. Todestages zeichnet Sarah Khosh-Amoz sein anekdotenreiches Leben und sein facettenreiches Werk nach.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

Das Bayerische Feuilleton erzählt keine Geschichten, die schon 100 Mal erzählt wurden. Alle Spielarten von Geschichte hinter den Geschichten sind möglich. Wir nutzen die Chance für Spott, Scherz, Satire und Ironie. Uns interessieren Themen, in denen sich reale Ortschaften mit Literatur und Kunst verbinden. Wir schätzen Originale in der schönen neuen Medienwelt der "Unauffälligen". Wir bieten radiophone Geschichten mit Gedankenstoff und Spielraum für Gefühle. Als journalistisches Genre hat das Bayerische Feuilleton eine anspruchsvolle Tradition.