Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Wie Bayern hin- und weghört

Mann versucht, etwas zu hören | Bild: colourbox.com

Samstag, 28.10.2017
08:05 bis 09:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Hä???
Wie Bayern hin- und weghört
Von Thomas Kernert
Wiederholung am Sonntag, 20.05 Uhr, Bayern 2
Als Podcast und in der Bayern 2 App verfügbar

Bayern ist ein akustisch sehr aktives und attraktives Land. Sein Geräuschpegel ist intensiv und abwechslungsreich: Den Tag beherrschen meist dichte Klangwolken aus Blasmusik, Polizeisirenen, Motorenlärm und Bierzeltgesängen, nachts hört man über Kilometer hinweg Kiefernnadeln auf Waldböden rieseln. Dieses Wechselbad atmosphärischer Tönungen kann freilich nur genießen, wer die Kunst des gezielten Hin- und Weghörens beherrscht.

Nur wer es gelernt hat, seiner Geräuschumwelt radikal selektiv zu begegnen, hat in Bayern eine Chance, ohne psychische Defekte zu überleben.

Psychoakustische Forschungen haben ergeben, dass bereits der Fötus das Hin- und Weghören trainiert. Bereits pränatal haben bayerische Babys demnach eine spezifische Akustik im Ohr. Mit ihrer Hilfe gelingt es ihnen später mühelos, selbst im größten Lärm instinktsicher heimische Idiome zu orten und im allgemeinen Info-Tsunami Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Wenn man so will, ähneln sie Ferkeln, die aus tausenden von Grunzlauten mühelos die Mutterstimme herauszuhören im Stande sind.

Frage nur: Welchen Tönen genau schenken Bayern ihr Gehör, welche Geräusche kommen auf ihren seelischen Resonanzböden lauter zum Klingen und welche eher leise? Ludwig I., der von Geburt an schwerhörig war, hörte immer wieder antike, griechische Geisterstimmen, Ludwig II. hatte die Ohren voll Wagner, Herzog Max in Bayern zitterte bei Zithermusik, Franz Josef Strauß überfielen, wenn er Sozialdemokraten hörte, Schreikrämpfe.

Bayerns Schüler schreibm neuadinks nach gehöa …
Thomas Kernert hat sich in Bayerns Geschichte "umgehört". Natürlich typisch bayerisch-selektiv!

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

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