Bayern 2

     

Bayern 2-Thementag "500 Jahre Reformation" Bayern - Land und Leute Mann aus St. Gallen

Die Wandmalerei am Haus der Kramerzunft  Memmingen zeigt Christoph Schappeler (r.), Sebastian Lotzer (M.) und Bauern | Bild: Ulrich Klenner

Sonntag, 07.05.2017
13:05 bis 13:30 Uhr

BAYERN 2

Mann aus St. Gallen
Christoph Schappeler und die Reformation in Memmingen
Von Ulrich Klenner
Als Podcast und in der Bayern 2 App verfügbar

Aus dem Ratsprotokoll der Stadt Memmingen zum 21. August 1521: "Der Prediger zu Sankt Martin hat vor 14 Tagen eine freventliche Predigt getan, also man straf die Reichen nicht wie die Armen …"

Und zwei Jahre später heißt es im Protokoll: "Der Lutherey halber ist abermals Empörung vorhanden. Der Prediger ist kommen aus der Schweiz und zu Zürich bei Zwingli gewesen; hat wider die Messen, Fürbitt der Heiligen und anderes gepredigt …"

Der Mann, dem solcherart eine aufrüherische Gesinnung zugeschrieben wird, ist seit 1513 Prädikant in der Memminger Martinskirche. Er stammt aus St. Gallen, wo er Lateinschullehrer war, und hat nach eigenem Bekunden Theologie und Jursiprudenz studiert. Schappeler ist ein Freund und Anhänger von Ulrich Zwingli, der zwar theologisch die meisten Grundpositionen Luthers teilt, aber in seiner Einschätzung der Rolle der Obrigkeit kritischere Maßstäbe anlegt. Aus diesem Geist heraus wird Schappeler in Memmingen zur treibenden Kraft der Reformation. Seine Thesen und Forderungen fallen nicht nur in der Reichsstadt, sondern auch in den umliegenden Dörfern auf fruchtbaren Boden. Wegen des großen Andrangs zu seinen Predigten müssen Ordnungsdienste eingeführt werden.

Dass die Stadt schließlich mit den aufständischen Bauern sympathisiert und sogar zum "geistigen Zentrum des Bauernkriegs" wird, wie der Historiker Peter Blickle es formulierte, ist auch auf Schappelers Wirken zurückzuführen. Die berühmten"12 Artikel" der Aufständischen wurden in Memmingen verabschiedet und gelten heute als erste Artikulation der Würde des Menschen und seiner Freiheitsrechte. In welchem Umfang Schappeler Anteil daran hatte, ist bis heute nicht ganz geklärt, jedenfalls sollte er als Rädelsführer verhaftet werden, nachdem die Truppen des Schwäbischen Bundes die Stadt besetzt hatten.

Schappeler gelang die Flucht - zurück nach St. Gallen, von wo er gekommen war, um der Freiheit aller Christenmenschen das Wort zu reden…