Bayern 2


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Pop, Punk, Politik Literatur und Münchner Underground der 1980er Jahre

Pop und Punk begehren auf gegen die bürgerliche Welt, die Jugendkultur rebelliert - auch in München. Punks treffen sich am Marienplatz, die Band Freiwillige Selbstkontrolle liefert den Sound dazu: „Wir sagen ja zur modernen Welt.“ Eine Sendung über Manifeste, wilden Klang und durchgeknallte Fanzines.

Von: Ralf Homann

Stand: 18.09.2021 | Archiv

"EINE LITERATUR DIE KNACKT
LÖCHER REISST
WUNDEN BEISST
WORTE WIE STEINE
WÖRTER ZU WAFFEN
KAMPF GEGEN LUXUS UND LÜGE"

(Aus: Literaturzeitschrift 'Luxuslüge')

"Feuer und Flamme für diesen Staat"

Punker mit Anti-Nazi-Sticker auf seiner Lederjacke

Dieses Feuilleton widmet sich einer vielfältigen jungen Textproduktion im München der 1980er Jahre. Text, Medium, Botschaft und Haltung sind hier aufs Engste verwoben. Was mit auf der Lederjacke steht, ist tatsächlich so gemeint. Und es meint eben auch die Lederjacke selbst. Oder eben keine Lederjacke. Auch eine Botschaft. Wobei auch alles gleichzeitig ganz anders gemeint ist.

Der Spruch "Feuer und Flamme für diesen Staat" antwortet auf die Liebe zum Vaterland. Und was die Texte der 1980er Jahre betrifft: Warum schreiben, wenn auch sprühen geht. Raus aus dem Lyrik-Kabinett und rein ins Vergnügen. Bleiben wir bei den Sprühparolen: Die Wahl zwischen "Mode und Verzweiflung" oder "Gefühl und Härte" kann das halbe Leben bestimmen!

"Wir sagen ja zur modernen Welt"

Der Autor Rainald Götz (1989)

Kein Jahrzehnt ist umstrittener. Denn: „Wer sich an die 80er Jahre erinnern kann, hat sie nicht miterlebt“, resümiert die Pop-Ikone Falco. Österreichische Zeitgeist-Zeitschriften wie der „Wiener“ drängen in die alte Bundesrepublik. Aus der Schweiz kommend kursiert der Dokumentarfilm „Züri brännt“, über den Kampf einer neuen Jugendkultur gegen die herrschende Hochkultur thematisiert.

Der Münchner Pop-Autor Rainald Götz schneidet sich 1983 beim Ingeborg-Bachmann-Preis mit der Rasierklinge in die Stirn und damit in die deutsche Literaturgeschichte. Sogenannte Neue Medien oder Erfindungen wie die Talk-Show ermöglichen eine andere Bild- und Textproduktion, das Bayerische Fernsehen sendet ab 1984 „Live aus dem Alabama“ mit Amelie Fried und Giovanni di Lorenzo.

"Die 80er waren auch eine Zeit, wo man wirklich Angst hatte, wie es in der Zukunft weitergeht. Und es ist ja - wenn man den Link zu heute sieht - es ist ja genauso. Genauso jetzt haben viele junge Menschen Angst vor der Zukunft, so wie wir sie auch hatten. Wir haben nicht geglaubt, dass es irgendeine Zukunft für uns gibt. No Future heißt nicht umsonst No Future. So haben wir uns auch gefühlt. Das haben wir natürlich auch ein bisschen zelebriert. Aber das Grundgefühl war schon auch die Angst."

(Andrea Hagen, Fotografin, In den 1980er Jahren Geschäftsführerin im Tanzlokal 'Größenwahn')

Es ist das Gründerjahrzehnt neuer urbaner Bewegungen

Die 1980er sind auch das Gründerjahrzehnt neuer urbaner Bewegungen: In einer Zeit, in der AIDS zum Thema wird und die bayerische Polizei Homosexuelle auf „Rosa Listen“ erfasst, entsteht die Schwulen- und Lesbenbewegung, und auch der Kampf gegen Rechtsradikale organisiert sich.

Ein Bayerisches Feuilleton über den wilden ästhetischen Strudel der 1980er in München.

Ausstellungs-Tipp:

Pop Punk Politik - Die 1980er Jahre in München
Eine Ausstellung der Monacensia
30.04.2021 bis 31.01.2022

https://www.muenchner-stadtbibliothek.de/veranstaltungen/details/pop-punk-politik-die-1980er-jahre-in-muenchen-10455


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