Olaf Gulbransson Kraftkerl mit spitzer Feder
Der norwegische Künstler Olaf Gulbransson lebte bis zu seinem Tod am 18. September 1958 in seiner Wahlheimat Bayern. Internationale Bekanntheit hatte er als Zeichner der Satirezeitschrift Simplicissimus erlangt. Sarah Khosh-Amoz gibt Einblicke in sein facettenreiches Werk.
"Das Zeichnen hatte ich schon mit 4 gelernt. Ein anderer mit 6 zeigte es mir. Er ärgerte sich so darüber, dass ich es besser konnte, dass er nie mehr zeichnete, ICH dagegen seitdem IMMER!"
(Olaf Gulbransson, 'Es war einmal', Piper Verlag München)
"Für mich ist Olaf Gulbransson einer der größten Zeichner seiner Zeit, der alle Persönlichkeiten seiner Zeit festgehalten hat. (...) Und man kann immer gar nicht genau sagen: Ist jetzt Gulbransson ein bayerischer Norweger oder ein norwegischer Bayer gewesen?"
(Sandra Spiegler, Geschäftsführerin des Olaf Gulbransson-Museums, Tegernsee)
"Natürlich wirkt er auf uns wie so ein kugelrunder Kobold, wie ein Kind, das aus der Badewanne springt und nackt über die Wiese rennt!"
(Luis Murschetz, Karikaturist und Kinderbuchautor)
Als Mensch ein "Urviech" und Kraftkerl
Dagny Gulbransson und der Münchner Architekt Sep Ruf mit dem Modell des geplanten Gulbransson-Museums in der Gemeinde Tegernsee (1963)
Olaf Gulbransson, 1873 in Oslo geboren, war ein Naturtalent: ein bravouröser Zeichner und ein Maler mit zartem Pinselstrich, klar und ausdrucksstark. Als Mensch ein "Urviech" und Kraftkerl: An heißen Tagen ging er gerne nackt, er konnte angeblich Nüsse mit dem Gesäßmuskel knacken, raufte mit berühmten Zeitgenossen und war von schönen Frauen besessen. In dritter Ehe war er mit der 30 Jahre jüngeren Dagny Björnson verheiratet, einer Enkelin des norwegischen Literaturnobelpreisträgers Björnstjerne Björnson. 1929 kaufte der Wahlbayer den Schererhof, ein altes Tegernseer Bauernhaus.
"Karikatur ist eine Waffe"
Seine erste Karikatur zeichnete Gulbransson, weil er sich ärgerte: Die Freundinnen Inga, Dina und Haldis gingen zusammen auf einen "gewissen Ort", kicherten, machten Späße und lachten den jungen Olaf aus, der abseits stand. Um sich zu rächen, zeichnete er die Backfische so, wie er sie sich auf dem stillen Örtchen vorstellte.
"Ich zeichnete sie alle drei, und zeigte es ihnen, als sie wieder heraus kamen. Sie wollten mir die Zeichnung wegreißen und tobten, weil es ihnen nicht gelang. Da verstand ich, dass die Karikatur eine Waffe ist!"
(Olaf Gulbransson, 'Das Olaf Gulbransson Buch', Dagny Björnson Gulbransson, Langen Müller Verlag, München 2008)
Mitarbeiter der Satirezeitschrift Simplicissimus
Gulbranssons Karikatur "Fords Vaterfreuden" über den amerikanischen Automobilhersteller Henry Ford erschien 1927 im "Simplicissimus".
Der Verleger Albert Langen hatte ihn 1902 nach München geholt, wo er als Mitarbeiter der legendären Satirezeitschrift Simplicissimus berühmt wurde. Simplicissimus-Redakteur Ludwig Thoma hatte ihm den "Blick fürs Politische" abgesprochen - deshalb zeichnete der Humorist politische Karikaturen nur nach den Ideen der Redaktion. Dies tat er auch in der NS-Zeit, nachdem der Simplicissimus gleichgeschaltet worden war. Zwar verschleppte er den gewünschten Eintritt in die NSDAP, ließ sich aber zur Unterschrift unter einen gegen Thomas Mann gerichteten offenen Brief bewegen.
Wegen seines stoischen Opportunismus' gegenüber den Nationalsozialisten bezichtigten ihn viele Freunde und Bekannte als Kollaborateur und distanzierten sich von ihm. Sicherer als auf dem politischem Parkett bewegte sich der Zeichner als Professor an der Münchner Kunstakademie. Er ließ sich von seinen Schülern mit "Olaf" anreden, instruierte sie knapp und unwirsch (Studentenbeschwerde: "Er unterrichtet nicht, er grunzt bloß!") und stellte sich eine Couch ins Atelier.
Er zog sich auf den Schererhof bei Tegernsee zurück
Nach dem Krieg verlegte sich Gulbransson auf Porträtzeichnungen und BuchiIllustrationen und lebte zurückgezogen auf dem Schererhof. Dort starb der sanfte Spötter am 18. September 1958 im 86. Lebensjahr. Heute erinnert das Olaf Gulbransson Museum Tegernsee an den norwegischen Künstler.
Buchtipp:
Es war einmal - Und so weiter
- Autor: Olaf Gulbransson
- Verlag: Piper 2002
Das Olaf Gulbransson Buch
- Autorin: Dagny Björnson Gulbransson
- Verlag: Langen-Müller 1998
Trügerische Idylle: Schriftsteller und Künstler am Tegernsee 1900-1945
- Autorin: Elisabeth Tworek
- Verlag: Allitera Verlag 2017
Das Olaf Gulbransson Museum
Das Olaf Gulbransson Museum in Tegernsee widmet sich seit seiner Eröffnung im Jahr 1966 dem Gedenken an den norwegischen Künstler und dessen Werk. Nach mehr als 40 Jahren seines Bestehens wurde das Museum im Jahr 2008 um einen zusätzlichen Bau in direkter Nähe zum Sep-Ruf-Bau erweitert, um Platz zu schaffen für zeitgenössische kritische Künstler.
www.olaf-gulbransson-museum.de