Bayern 2

     

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Schriftstellerin, Komponistin, Zeichnerin Zum 140. Geburtstag der Fürstin Mechtilde Lichnowsky

Sie war eine Fürstin, persönlich bekannt mit Wilhelm II. und befreundet mit Karl Kraus, vor allem aber: eine Schriftstellerin von Rang und eine geistreiche Chronistin der Zeitläufte.

Von: Hiltrud Häntzschel

Stand: 06.07.2019 | Archiv

Der neue deutsche Botschafter in London, Fürst Karl Max Lichnowsky und seine Frau, Fürstin Mechthilde Lichnowsky, 1912 auf dem Weg zur deutschen Botschaft in London. | Bild: picture-alliance/dpa

"Ihr Können scheint gar nicht entwickelt im Sinne der Fertigkeit, der Glättung, des Gekämmtseins – sondern sie ist ein Blühen; ein reiches Stück Natur; ein Bündel Daseinsmusik; ein Glanz auf zwei Beinen.

Sie bedeutet ein Kunstwerk mehr, als sie Kunstwerk schafft – aber von ihrem Sein fällt ein Strahl glückselig auf ihr Geschaffenes."

(Alfred Kerr, Schriftsteller, Theaterkritiker und Journalist)

Eine durch und durch aristokratische Dame

Der neue deutsche Botschafter in London, Fürst Karl Max Lichnowsky und seine Frau, Fürstin Mechthilde Lichnowsky (1912)

"In Erscheinung und Ausdrucksweise hätte man nicht aristokratischer sein können, aristokratisch beinahe bis zur Selbstparodie" schreibt Golo Mann über das Elternhaus seines Salemer Schulfreundes Lichnowsky.

Und wer Urururenkelin der Kaiserin Maria Theresia ist, den Namen Mechtilde Christiane Marie Gräfin von und zu Arco-Zinneberg trägt, den Fürsten und Diplomaten Karl Max Lichnowsky heiratet, in schlesischen Schlössern Kaiser Wilhelm II. bewirtet -, noch dazu eine Frau ist mit hoher Intelligenz und vielseitigen Begabungen, hat auf dem literarischen Markt mit Hochachtung und mit Gegenwind zu rechnen.

Schnell lauten die Zuschreibungen 'charmant',  'geistreich', 'anmutig', 'fraulich'. Für den Freund Karl Kraus und seine "Fackel" hat sie komponiert und gezeichnet; in der Weimarer Republik war sie eine gefragte Stimme im Feuilleton.

"Fanatikerin der Prosa"

Karl Kraus und Mechtilde Lichnowsky beim Weintrinken im Park (um 1930)

Mechtilde Lichnowskys schriftstellerische Hinterlassenschaft (18 Bücher, das letzte von 1958 trägt den Titel Heute und Vorgestern, dazu über 100 Veröffentlichungen in Zeitschriften) liest sich heute, als gehöre sie drei Jahrhunderten an.

Die zärtliche Schilderung einer behüteten Kindheit in bayerischer Idylle auf Schloss Schönburg bei Pocking in Niederbayern und die Liebessorgen einer hochadligen Tochter, sie wurzeln tief im 19. Jahrhundert.

Was sie, die "Fanatikerin der Prosa", an üblen Sprachdummheiten ihrer Zeitgenossen, an Unsitten im Deutschen bemerkt, gesammelt und scharf kommentiert hat, das gilt im 21. Jahrhundert mehr denn je.

1953 bekam sie den Literaturpreis der Stadt München

Späte Ehrungen erreichten die einsame Schriftstellerin in London: Sie wurde in die Bayerischen Akademie der Schönen Künste berufen, in die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung und die Mainzer Akademie der Wissenschaften aufgenommen. 1953 ehrte sie die Landeshauptstadt München mit ihrem Literaturpreis.

Vierbändige Ausgabe der Werke von Mechtilde Lichnowsky

Hiltrud Häntzschel lässt die Dichterin, ihr Werk und die ihr freundschaftlich oder auch kritisch verbundenen Zeitgenossen noch einmal zu Wort kommen.

2020 wird im Zsolnay Verlag in Wien eine vierbändige Ausgabe der Werke von Mechtilde Lichnowsky mit ausführlicher Kommentierung erscheinen, herausgegeben von Günter und Hiltrud Häntzschel.

Buchtipp:

"Verehrte Fürstin!"
Karl Kraus und Mechtilde Lichnowsky
Briefe und Dokumente
1916 - 1958

  • Autoren:  Karl Kraus und Mechtilde Lichnowsky
  • Herausgeber: Friedrich Pfäfflin und Eva Dambacher in Zusammenarbeit mit Volker Kahmen
  • Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
  • Verlag: Wallstein Verlag; Auflage: 1., Aufl. (1. Februar 2001)
  • ISBN-10: 3892444765
  • ISBN-13: 978-3892444763

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