Bayern 2

     

1

Kommentar Gezanke um Wahlrechtsreform ist ein Trauerspiel

Vor über neun Monaten legte die Opposition einen Gesetzesentwurf für eine Reform des Wahlrechts vor. Geschehen ist seitdem wenig – die Große Koalition wurde sich nicht einig. Es ist unwahrscheinlich, dass eine Reform noch vor der Sommerpause ins Parlament eingebracht werden kann. Kommentator Oliver Fritzel findet das peinlich.

Stand: 02.07.2020

Frau wirft Wahlbrief in eine Wahlurne | Bild: pa/dpa/Arne Dedert

Es ist ein Trauerspiel, was die Politik in Sachen Wahlrechtsreform abliefert: Unterm Strich nämlich nichts. Seit Jahren diskutieren wir darüber, dass der Bundestag kleiner werden muss. Er ist schon jetzt das größte demokratische Parlament der Welt und er entwickelt sich zu einer Art Monstrum. Erst jetzt gibt die CSU ihren grundsätzlichen Widerstand dagegen auf, die Zahl der Wahlkreise zu reduzieren. Klar, sie wäre besonders davon betroffen, hätte künftig weniger Abgeordnete im Bundestag. Deshalb eine Reform komplett zu verhindern, geht nicht.

Konflikte in der Großen Koalition

Die Opposition hat ihre Arbeit gemacht. FDP, Grüne und Linke haben schon vor einem Dreivierteljahr einen eigenen Gesetzentwurf zur Wahlreform vorgestellt. Am Freitag wollten sie den Bundestag darüber abstimmen lassen. Doch Union und SPD verhindern, dass mit einem Trick und dazu beschimpft man sich noch gegenseitig. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt, bekannt für seine markigen Sprüche, bezeichnet Thomas Oppermann von der SPD als „besonderen Klugscheißer“. Der hatte gedroht, sich dem Vorschlag der Opposition anzuschließen, wenn nichts vorangeht.

Der Bundestag - ein schwergängiger Apparat

Der Deutsche Bundestag in Berlin.

Denkt dabei mal jemand an den Steuerzahler? Allein in diesem Jahr blechen wir mehr als eine Milliarde Euro für den Bundestag. Nach der nächsten Wahl wird es noch deutlich mehr werden. Und das in Zeiten, in denen viele Bürger wegen der Corona-Krise den Gürtel enger schnallen müssen. Das ist nicht vermittelbar. Und dazu kommt: ein Bundestag mit möglicherweise bald mehr als 800 Abgeordneten ist schwergängig, die Abläufe werden komplizierter, kleine Ausschüsse sind nicht mehr handlungsfähig. Deshalb muss in den nächsten Wochen eine Lösung her, selbst wenn die Abgeordneten dafür die Sommerpause unterbrechen müssen. Es wäre ja nicht das erste Mal. Alles andere ist nur peinlich, schadet dem Ansehen des Parlaments und der Demokratie.


1