Bayern 2


4

Kommentar Warum die Politik die Pflege besser pflegen muss

Mangel an Fachpersonal, niedrige Löhne und harte Arbeitsbedingungen: die Branche der Pflegerinnen und Pfleger kämpft mit einigen Problemen. Damit wären Änderungen so wichtig. Erste Schritte hat die Politik dazu schon unternommen und bewegt sich langsam in die richtige Richtung, meint Vera Wolfskämpf.

Stand: 16.07.2020

ARCHIV - 14.07.2004, ---: In einem Seniorenzentrum wird eine bettlägerige Heimbewohnerin gefüttert. (zu dpa «Gesundheitsministerium: Diskussion über Pflegereform ab Herbst») Foto: picture alliance / dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Bild: dpa-Bildfunk/Patrick Pleul

Sie waren stets bemüht. Das ist ihnen durchaus anzurechnen, dem Gesundheitsminister, der Familienministerin und dem Arbeitsminister. Sie alle haben das Problem erkannt: In der Pflege fehlt Fachpersonal, die Löhne sind zu niedrig, die Arbeitsbedingungen hart und als Wertschätzung reicht nicht nur Applaus von Balkon. All das ist bei der Regierung längst angekommen, und eine der zahlreichen Initiativen versucht daran etwas zu ändern. Das Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals ist einer dieser Versuche: 13.000 Stellen im Sofortprogramm.

Gesetze ohne Placebo-Effekt

Das klingt toll, vor allem, wenn die Krankenkassen sie komplett bezahlen. Aber wenn sowieso schon 40.000 Stellen in der Pflege unbesetzt sind, dann mangelt es eben nicht an Stellen, sondern an Menschen, die sie ausfüllen können. Und deshalb bleibt nach anderthalb Jahren der größte Teil davon noch unbesetzt. Das hätte die Politik wissen müssen. Sie hat also mit großer Geste etwas als tolles Heilmittel verkauft, was nicht mal als Placebo wirkt.

Politik kann Bedingungen nur leicht beeinflussen

Wenigstens setzt Versuch Nummer zwei mehr bei der Wurzel an: die konzertierte "Aktion Pflege". Dazu gehört mehr Ausbildung, die schrittweise etwas besser vergütet wird. Die Möglichkeit, mehr Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben, und die erklärte Absicht, dass die Gehälter in der Pflege steigen sollen. Das kann die Politik aber nur begrenzt beeinflussen. Denn auf einen Tarifvertrag müssen sich die Gewerkschaften mit den Arbeitgebern einigen. Dies steht trotz aller politischen Appelle noch aus. Und wenn Altenheime und Krankenhäuser künftig nicht mit noch größeren Lücken beim Pflegepersonal kämpfen wollen, sollten Sie sich tunlichst bewegen.

Der erste Schritt ist getan

Es ist richtig, dass die Bundesregierung alle ihre Bemühungen unter die Überschrift der Anerkennung stellt. Die Politik hat da vieles angestoßen. Aber es gibt eben nicht die eine schnelle Spritze, die dem kränkelnden System sofort wieder auf die Beine hilft. Eine umfassende Therapie ist nötig mit guter Bezahlung, öffentliche Wertschätzung und einen so geregelten Arbeitsalltag, damit am Ende nicht die Pflegekräfte auf dem Zahnfleisch gehen. Die Pflege braucht selbst Langzeitpflege durch eine Politik, die sich kümmert. Und deshalb muss die ihre Bemühungen mit noch mehr Kraft und Ausdauer vorantreiben.


4