Bayern 2

     

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Es bleibt in der Familie 200 Jahre Bücherimperium Pustet

Einer heißt immer Friedrich. Es ist Tradition im Hause Pustet, den erstgeborenen Sohn jeder Generation nach dem Gründervater des Familienunternehmens zu nennen - seit 200 Jahren.

Von: Angelika Schüdel

Stand: 22.10.2020 | Archiv

Heute wird das Buch- und Verlagshaus Pustet mit Sitz in Regensburg in sechster Generation geführt. Ihren Anfang nahm die Firmengeschichte 1820 in Passau. Damals erteilte die Stadt dem ansässigen Buchbindersohn Friedrich Pustet die "uneingeschränkte personelle Buchhandlungs Conzession". Und 2 Jahre später folgte die "Conzession" zum Drucken. Das waren die Grundsteine für das spätere Imperium.

Der Erfolg mit Gotteslob…

Den Sprung vom bayerischen Provinzverlag auf den Weltmarkt schaffte Pustet 1856 mit dem Druckmonopol auf lateinisch sprachige Messbücher.

"Der Erfolg kam, weil damals weltumspannend nur in Latein der Gottesdienst gefeiert worden ist, und der Pustet es eben geschafft hat, wunderschöne Ausgaben anzufertigen mit einer toll lesbaren Schrift, und 95 Prozent der Priester weltweit die Pustetausgaben eingekauft haben."

Firmenchef Friedrich 'Fritz' Pustet VI.

Überhaupt waren die Druckaufträge für die katholische Kirche mehr als hundert Jahre lang das wichtigste Segment der Produktion. Als der Vatikan dann in den 1960er Jahren das Gebot der lateinischen Liturgie aufhob und die Messe in den Landessprachen erlaubte, bedeutete dies für den Pustetverlag einen verheerenden Verlust. Aber das Unternehmen hatte schon viele Tiefs erlebt und rappelte sich auch diesmal wieder hoch.

... und der Bruch mit Karl May

Der Rausschmiss seines Star-Autors Karl May war dagegen nur eine kleine, freilich legendäre Episode. 30 Jahre lang hatte der Winnetouschriftsteller für die hauseigene Wochenzeitschrift "Der Deutsche Hausschatz" Reisegeschichten, vornehmlich aus dem Orient, geschrieben. Es gab immer wieder Unterbrechungen, aber 1909 platzte Karl May der Kragen, als ihm ein Redakteur des Pustetverlags 132 Stilkorrekturen auf

„…sage und schreibe 10 Seiten …“

verpasste. Der damalige Firmenpatriarch Friedrich Pustet III. war wohl die Streitigkeiten leid und kündigte seinem populären Mitarbeiter. Drei Jahre später, am 30. März 1912, starb Karl May im Alter von 70 Jahren. Sein zweiter Vorname war übrigens auch Friedrich.

Die Balance zwischen Tradition und Moderne

Anders als früher sind es heute größtenteils Druckaufträge externer Verlage, die den Produktionsbetrieb bei Pustet am Laufen halten. Die alten Druckmaschinen sind längst auf digitale Technik umgestellt. Der Output ist beachtlich.

"7 bis 8 Millionen jährlich. Wo man früher acht bis vierzehn Tage gebraucht hat, braucht die Maschine heute ein bis zwei Tage. Deutschland dürfte an der Spitze stehen bei der Buchproduktion in Europa."

Ursula Pustet, Geschäftsführerin des Verlags

Das zweite wirtschaftliche Standbein ist der Buchhandel. 11 Filialen gehören der Familie in ganz Bayern mit einem zig-Millionen Umsatz. Wie für alle Printmedien bleibt der ebook- und Internethandel auch für die Pustets eine Herausforderung. Im Lauf seiner 200jährigen Geschichte hat der Traditionsbetrieb aber immer eine besondere Anpassungsfähigkeit bewiesen. Und bei Bedarf werden auch alte Familientraditionen dem Zeitgeist angepasst. So heißt der zukünftige Pustet-Chef, der das Unternehmen in 7. Generation führen wird, nicht mehr Friedrich, sondern Jakob.


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