Bayern 2


17

Zum 100. Todestag Die Wort-Gewalt des Ludwig Thoma

Ludwig Thoma war ein Mann der Extreme. Ein großer Erzähler und Humorist, aber auch: geifernder Verfasser von antisemitischen Hetzschriften. In einigen bayerischen Städten sorgt der Dichter kurz vor seinem 100. Todestag für Diskussionen: sollen weiterhin Schulen und Straßen seinen Namen tragen?

Von: Thomas Grasberger

Stand: 24.07.2021 | Archiv

"Ja, welchen Thoma hätten Sie denn gern? Den Lustigen, den Saugroben, Hundsgemeinen, hinterfotzig Gescherten oder hintersinnig Komischen? Den einfühlsamen, den nachdenklichen oder den herzhaft-deftigen? Den politischen? Da wäre zu unterscheiden zwischen dem liberalen, dem aufmüpfig-anarchischen, dem antiklerikalen. Dem Kriegsgegner oder dem Kriegstreiber Thoma, dem Nationalisten, Antisemiten, Volksverhetzer ..."

(Verkäuferin im Buchgeschäft)

Einer der bedeutendsten Bayern-Dichter

Ludwig Thoma hat einen festen Platz in der Literaturgeschichte. Nicht wenige sehen in ihm den bedeutendsten Bayern-Dichter des 20. Jahrhunderts. Seine schelmischen und rotzfrechen "Lausbubengeschichten" begeistern Kinder wie Erwachsene seit Jahrzehnten, bis heute. Und die Briefe des bauernschlauen Landtagsabgeordneten Josef Filser treiben einem beim Lesen immer wieder Lach-Tränen in die Augen.

"A Hund war er schon, dieser Ludwig Thoma!"

Auch die derb-polemischen Verse, die der zornige Thoma in der Satirezeitschrift Simplicissimus wie Blitze gegen den Preußen-Kaiser und seinen militaristischen Stumpfsinn wilhelminischer Prägung schleuderte, bestärken einen im Urteil: "A Hund war er schon, dieser Ludwig Thoma!".

Die Abgründe des Ur-Bayern Thoma

Ludwig Thoma mit Hut und Pfeife

Auch Autor Thomas Grasberger liebt seit seinen Jugendtagen die literarischen Werke des gebürtigen Oberammergauers, nicht zuletzt die großen Bauernromane. Aber da ist auch noch die dunkle, abgründige und menschenverachtende Seite des Ur-Bayern Thoma, der offenbar viele verschiedene Leben gelebt hat.

Ludwig Thoma war ein Wort-Führer. Seine polemischen Beiträge wurden in ganz Deutschland gelesen. Dank seiner bösartigen Artikel hat ein Miesbacher Provinzblatt seine Auflage vervierfacht, auf 18.000 Exemplare. Allein in München haben sie täglich 4000 verkauft. Thoma war ein Stichwort-Geber. Auch für Adolf Hitler und seine radikal antisemitische Bewegung.

Wie soll man umgehen mit einem solchen Menschen, der ein genialer Künstler war, aber auch ein menschenverachtender Hetzer? Der Münchner Historiker Michael Brenner meint:

"Ich würde jetzt nicht 'Cancel Ludwig Thoma!' empfehlen, oder alle seine Werke zu verbrennen, das haben die Nazis getan, wir tun das nicht. Aber wenn wir die Werke lesen, müssen wir halt auch, finde ich, immer so ein bisschen dazu denken: Es gab auch die andere Seite beim Ludwig Thoma."

(Michael Brenner, Historiker, München)

Ludwig Thoma starb mit gerade einmal 54 Jahren

Die Gräber von Ludwig Thoma (r.) und Ludwig Ganghofer (l.) in Rottach-Egern am Tegernsee

Im Sommer 1921 erhielt Thoma die Diagnose Magenkrebs im Endstadium. Drei Wochen später war er tot. Gestorben in seinem Haus am Tegernsee, mit gerade einmal 54 Jahren.

Ludwig Thoma fand auf dem Gemeindefriedhof von St. Laurentius in Rottach-Egern am Tegernsee seine letzte Ruhestätte. Sein Grab liegt heute zwischen dem seines langjährigen Freundes, des Schriftstellers Ludwig Ganghofer, und dem seiner Geliebten Maidi von Liebermann.


17