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ME/CFS in Zukunft Die Forschung zum Chronischen Fatigue Syndrom

Seit einigen Jahren wird verstärkt zu ME/CFS geforscht. Immer mehr Bausteine der Krankheit sind bekannt, doch noch immer gibt es keinen diagnostischen Test und auch kein Heilmittel. Die Krankheit ist komplex.

Von: Yvonne Maier

Stand: 10.05.2022

Ein ME/CFS sitzt mit einer EEG-Haube im Labor. | Bild: picture-alliance/dpa, AP Photo

ME/CFS oder Chronisches Fatigue Syndrom ist wahrscheinlich zum Teil eine Autoimmunkrankheit. Das sieht man auch daran, dass sie nach einem Infekt auftritt, der nicht regulär ausheilt. Darüber hinaus überreagiert das Immunsystem, auch das konnten neuere Studien mittlerweile auf verschiedenem Weg zeigen.

Blutgefäße weniger flexibel

An der Charité hat man mittlerweile festgestellt, dass die Blutgefäße von ME/CFS-Patienten nicht so flexibel auf Druckveränderungen reagieren wie bei gesunden Menschen.

"Wenn man das Blutgefäß kurz mit einer Staumanschette abdrückt, wie beim Blutdruckmessen, und dann wieder öffnet, dann erweitern sich die Gefäße. Bei ME/CFS regieren die Gefäße nicht so gut, und das kann man messen. Das kann auch erklären, warum es unter Belastung zu fehlender Anpassung der Durchblutung im Muskel und Gehirn kommt."

PD Dr. med. Patricia Grabowski

Kraftwerke der Zellen zerstört

Aufsehen erregend ist auch eine Studie, die 2019 an der Universität Würzburg gemacht wurde. Dabei hat der Mikrobiologe Bhupesh Prusty Blutserum von ME/CFS-Patienten in der Petrischale auf Zellen gegeben. Das Resultat: Ein Bestandteil des Serums die Funktion der Kraftwerke der Zellen, der Mitochondrien – und damit kann die Zelle weniger Energie bereitstellen.
Sollte sich das in einer größeren Studie bestätigen, könnte das für das Verständnis der Krankheit entscheidende Fortschritte bringen.

Bluttest für ME/CFS

An der US-amerikanischen Universität Stanford besteht seit einigen Jahren eine aktive Forschergruppe um den Biochemiker und Genforscher Ron Davis. Er selbst hat einen Sohn, der an ME/CFS erkrankt ist - seine Motivation, zu dieser Krankheit zu forschen. Ron Davis hat 2019 einen möglichen Bluttest für ME/CFS entwickelt – doch auch diese Studie war sehr klein, nur 40 Blutproben wurden untersucht, davon die Hälfte von erkrankten Personen. 

Zu wenig Forschungsgelder für ME/CFS

Insgesamt leidet die Forschung bei ME/CFS weltweit an zu geringer Finanzierung, oft sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Spenden angewiesen, um ihre Studien durchzuführen. Das ist auch oft der Grund, warum sie nur kleine Studien machen – größere Studien sind teuer.

In Deutschland haben wir dennoch inzwischen einen wichtigen Meilenstein erreicht: Mithilfe von Geldern, die die Charité Berlin unter der Leitung von Frau Prof. C. Scheibenbogen im Rahmen des sog. Innovationsfond einwerben konnten, ist es nun erstmals möglich, ME/CFS-Patientinnen und Patienten in etwas größerem Stil auch wiederholt betreuen zu können, inklusive einer Rehabilitationsmöglichkeit in Kooperation mit einer deutschen Reha-Klinik (CFS-Care, siehe Homepage des Charité Fatigue Centrums: https://cfc.charite.de).

Hier kommen allerdings nur Patientinnen und Patienten infrage, die bei bestimmten Krankenkassen und Rententrägern versichert sind, Einzelheiten sind der Homepage zu entnehmen und als Anfrage an das Fatigue-Zentrum zu richten.

Die Krankheit wird offensichtlich immer noch nicht ernst genug genommen, obwohl weltweit Millionen Menschen betroffen sind. Immerhin hat sich der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments im April 2020 für eine größere Forschungsförderung ausgesprochen. 

Weiterführende Links zu ME/CFS


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