Bayern 2

Der gute Tod Aus bayerischen Sterbebüchern

Im Sterbebuch der Pfarrei Egern am Tegernsee finden sich zwischen etwa 1740 bis 1780 Texte, die weit über die üblichen Einträge hinausgehen. Sie zeichnen das authentische Bild einer Zeit, in der das Sterben deutlich präsenter war als heute.

Von: Carola Zinner

Stand: 07.04.2023 | Archiv

'Vanitas-Stilleben mit Buechern und Almanach', nach 1630 (Sebastian Stosskopf, 1597-1657) | Bild: picture-alliance/dpa/akg-images

"Am 3. August 1767 kehrte Georg Angerer zu Enterbach von der Feldarbeit nach Hause zurück. Doch siehe: Er betrat nicht sein Haus, sondern das der Ewigkeit. Denn als er nur noch wenige Schritte von seiner Behausung entfernt war, hat den Georg - wiewohl er mit einer Sense, die er über der Schulter trug, bewaffnet war - der Tod mit seiner noch schärferen Sense abgemäht und niedergeworfen."

(Sterbebuch, Egern)

"Theresia Gschwandler half kranken Armen beiderlei Geschlechts ohne Bezahlung. Doch blieb sie nicht verschont von Neidern, die sie sogar der Hexerei beschuldigten ..."

(Sterbebuch, Egern)

Sterbebücher bieten einen Einblick in menschliches Leben und Ableben

Egern, Mappe 32 - Maria Mutter der Gnaden

Geburt und Tod, das sind die Eckpunkte unseres Lebens: für die einen schlicht Anfang und Ende, während für die anderen zumindest der Tod ein Übergang ist vom Diesseitigen ins Jenseits. Diese Sicht findet sich in allen Religionen und Glaubensrichtungen, und damit verbunden ist jeweils auch ein Bild des idealen, des „guten“ Todes, in dem das Unausweichliche einen Teil seines Schreckens verliert. Dazu dienen auch die zahlreichen Rituale und was an offiziellen Formalitäten dazu gehört wie etwa ein Eintrag ins Sterbebuch: Erst damit wird das Unfassbare, Außerordentliche ja gleichsam wieder in eine Ordnung gebracht.

Gleichzeitig entstanden in Vor-Computer-Zeiten mit diesen Einträgen Dokumente, die noch Jahrhunderte später vom einstigen Leben und Sterben berichten – wenn sich jemand der Sache annimmt wie der Kirchenhistoriker Dr. Roland Götz.

"Ja, im Diözesanarchiv des Erzbistums München und Freising lagern zehntausende Pfarrmatrikeln, wie man das nennt, Tauf- Trauungs- und Sterbebücher, und die Sterbebücher bieten einen ganz existenziellen Zugang zum Leben und Lebensende der Menschen."

(Dr. Roland Götz, Kirchenhistoriker)

Kleine Nachrufe auf die Verstorbenen

Egern, Matrikeln 22, Titelbild

Einige Texte im Sterbebuch der Pfarrei Egern am Tegernsee gehen weit über die Länge der normalen Einträge hinaus, mit denen der Pfarrer den Tod eines Gemeindemitglieds dokumentierte. Ab 1740 verfassten die Benediktinerpater aus dem Kloster Tegernsee, die damals für die Seelsorge in Egern zuständig waren, über rund 40 Jahre hinweg regelrechte kleine Nachrufe auf die Verstorbenen.

Auf den Bettler etwa, den man anhand seiner Uniform als ehemaligen Soldaten erkannte - von dem aber ansonsten nicht viel mehr bekannt war als der Vorname, Franziskus, und sein frommes Wesen. Auf den braven 70jährigen Klosterjäger, der bei der Jagd abgestürzt war. Und ein Nachruf beschreibt eine keusche Jungfrau, der trotz ihrer Frömmigkeit ein Dämon die Sinne verwirrte. Doch auch sie, die so oft Kirche besuchte, beichtete und zum Abendmahl ging, starb am Ende eines "guten Todes".

Der "gute Tod" war nur mit kirchlichen Segnungen erreichbar

Heute würde man so wohl eher ein schnelles Ableben bezeichnen, von dem der Betroffene nicht viel mitbekommt. Damals aber war der "gute Tod" jener, bei dem die Verstorbenen noch alle dafür vorgesehen kirchlichen Segnungen und die "heilige Wegzehrung" empfangen konnten.

Die historischen Texte, in der Sendung gelesen von Udo Wachtveitl, geben davon ebenso ein authentisches Bild wie von der damaligen Epoche, einer Zeit, in der das Sterben permanent im Alltag präsent war.