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Der Sturz Das häufigste Risiko im Alter

Etwa ein Drittel aller Menschen über 65 Jahre stürzt mindestens einmal im Jahr – wesentlich häufiger als jüngere Menschen. Und nicht alle Stürze gehen glimpflich aus.

Von: Uli Hesse

Stand: 15.07.2020

Geriatrie | Bild: picture-alliance/dpa

Etwa zehn Prozent führen zu Knochenbrüchen, Prellungen und ernsthaften Verletzungen, die medizinisch behandelt werden müssen. Vor allem Treppen sind ein großes Risiko. Darüber hinaus haben viele Betroffene nach dem ersten Sturz Angst davor, wieder hinzufallen. Das führt zu einem Teufelskreis - denn wer deshalb körperliche Aktivitäten vermeidet, beschleunigt den natürlichen Abbau der Beinmuskulatur und des Koordinationsvermögens, was wiederum das Sturzrisiko erhöht. Stürze werden sowohl in der Akut-Geriatrie als auch im Rahmen der Rehabilitation behandelt.

Stürze haben viele Ursachen

Fast alle Stürze haben mehrere Ursachen. Einige davon hängen wirklich mit dem Alterungsprozess zusammen: Im Alter leiten die Nerven zum Beispiel Impulse langsamer weiter als früher und die Verarbeitung im Gehirn ist träger. Die Verbindung zwischen Fuß und Gehirn ist also nicht mehr so schnell wie in jungen Jahren. So reagiert der Körper träger und steuert vielleicht zu spät gegen, wenn man plötzlich das Gleichgewicht verliert.
Doch ein Sturz ist immer generell ein Warnsignal, dass der Patient nicht nur Probleme beim Gehen und Stehen hat, sondern zusätzlich seine Balance gestört ist und er wenig Kraft hat. Schuld daran können die Folgen eines zurückliegenden Schlaganfalls sein oder andere Aspekte einer Mehrfacherkrankung.

Krankheiten und Medikamente als Gefahr

Wer Arthrose in Hüft- oder Kniegelenken hat, ist zusätzlich unsicherer auf den Beinen. Bei Diabetikern kann eine Nervenveränderung nach und nach den Tastsinn des Fußes zerstören – sie verlieren buchstäblich den Boden unter den Füßen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehen oft mit Schwindel einher. Aber auch eine Osteoporose kann Senioren aus dem Gleichgewicht bringen: Sie bewirkt oft eine Rundrücken-Bildung. Weil sich der Körperschwerpunkt somit verschiebt, erhöht sich das Sturzrisiko. Zum Teil sind auch Medikamente schuld: Vor allem Blutdruckpräparate, Opiate und Epilepsiemittel sind mit einem Gefahrenpotenzial verbunden. Manchmal bewirken auch die Wechselwirkungen verschiedener Arzneien, dass Senioren leichter stürzen.

Das dicke Ende – mögliche Konsequenzen eines Sturzes

Nach dem Sturz bleibt es nicht immer beim blauen Fleck oder einer Prellung. Auch Kopfverletzungen sind häufig – und sehr tückisch: Nicht selten kommt es zu gefährlichen Blutungen innerhalb des Schädels, die sich teilweise nur durch Müdigkeit äußern - und das erst nach einigen Tagen, wenn man den Sturz schon wieder vergessen hat.
Auch Oberschenkelhalsbrüche sind häufig und zu Recht gefürchtet: Wenn die Reflexe versagen, fällt man leicht seitlich, dann bricht der Schenkelknochen. Rund zwölf Prozent der Betroffenen sterben innerhalb der folgenden 30 Tage an den Folgen dieser Verletzung im Krankenhaus – zum Beispiel an einer Infektion oder Lungenentzündung. Wer überlebt, lernt nach der schweren Operation oft nicht mehr richtig laufen: Viele ältere Senioren müssen nach dem Sturz ins Pflegeheim umziehen.

Tipps: Stürzen vorbeugen

Mit einer ausgewogenen Ernährung, ausreichend Flüssigkeit und regelmäßiger altersgerechter Bewegung können auch Hochbetagte Stürzen vorbeugen.

Wie man im Alter gegen Stürze vorbeugen kann

Gesundes Essen und Vitaminpräparate

Kalzium und Vitamin D stärken die Knochen, sodass ein Sturz gar nicht erst im Gips endet. Kalzium findet sich in Milchprodukten, besonders in Käse. Die Faustregel: Je härter der Käse, desto mehr Kalzium ist darin enthalten. Parmesan enthält zum Beispiel viel mehr davon als Frischkäse. Vitamin D wird in der Haut gebildet, wenn man viel an der Sonne ist. Weil das gerade im Winter schwierig ist, empfehlen viele Ärzte Vitamin D-Tabletten zur Ergänzung.

Viel trinken, auch ohne Durst

Viele Senioren trinken zu wenig, denn im Alter lässt aus hormonellen Gründen das Durstempfinden nach. Doch ein Flüssigkeitsmangel kann langfristig zu Verwirrungszuständen führen und mit einem Sturz enden.

Bleiben Sie in Bewegung

Sport stärkt die Knochen und schult die Koordination – dafür ist man auch mit 90 noch nicht zu alt. Regelmäßige Bewegung macht die Knochen widerstandsfähiger. Sinnvoll für Ältere sind vor allem Ausdauersportarten wie Walken oder Schwimmen. Wer eine ganz gezielte Sturzprävention im Sinn hat, sollte außerdem zweierlei trainieren:

  • Koordination, um möglichst nicht so schnell aus dem Gleichgewicht zu kommen,
  • Muskelkraft, um sich im Fall des Falles besser abzufangen.

Beides trainiert man zum Beispiel mit Tanzen oder mit Thai Chi.

Ungeliebt: Protektoren

Im Sanitätsfachhandel gibt es zwar immer noch so genannte Sturzhosen, die den Oberschenkelhals durch Versteifungen und Polsterung schützen. Solche Maßnahmen könnten die Bruchrate theoretisch um bis zu 90 Prozent vermindern – aber nur, wenn man die Protektoren auch anzieht.
Allerdings:

"Protektoren haben sich nie wirklich durchgesetzt, obwohl man sie sogar auf die Haut aufkleben kann. Aber sie sind einfach nicht besonders beliebt und werden daher ungern getragen. Und deshalb gibt es Schwierigkeiten ihre plausible Wirksamkeit auch wissenschaftlich mit Studien zu belegen."

Dr. Peter Euler

Wirkliche Alternativen zu Protektoren gibt es keine, obwohl man natürlich das Risiko von Stürzen minimieren kann mit Niedrigbetten oder Schaumstoffmatratzen vor dem Bett.


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