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Ein vergessenes Kapitel des Ersten Weltkrieges "Chateau La Pompe" - Französische Kriegsgefangene

In den Geschichtsbüchern war von einem französichen Kriegsgefangenenlager in Regensburg bisher nicht die Rede, obwohl von 1914 bis 1918 Tausende in der Domstadt untergebracht waren.

Von: Thomas Muggenthaler

Stand: 06.11.2018 | Archiv

Es war ein Funderlebnis, das das Herz eines Historikers höher schlagen lässt: Ein Regensburger Antiquar entdeckte einen Stapel mit am Rande zerfallenden Blättern - Ausgaben einer alten französischen Zeitung. Französische Kriegsgefangene hatten das Blatt "Le Pour et le Contre" ("Das Für und das Wider") während des Ersten Weltkriegs in Regensburg herausgegeben. Diese Lagerzeitung, sowie ein Konvolut von Theaterprogrammen und kulturellen Veranstaltungen, ermöglichen einen tiefen Einblick in den Alltag französischer Kriegsgefangener.

"Das war tatsächlich so, dass das bislang ein blinder Fleck in der Regensburger Stadtgeschichte war, auch der Ort ist praktisch vergessen, weil das sogenannte 'alte Eisstadion' auf dem Gelände des Lagers errichtet worden ist - und heute ist ein Parkplatz drauf. Es erinnert auch nichts am Ort selbst."

Bernhard Lübbers, Leiter der Staatlichen Bibliothek in Regensburg

Die Kriegsgefangene bemühten sich um Normalität, versuchten, ihrem Leben in der Gefangenschaft Struktur und ein bisschen Glanz zu geben: So wurde Theater gespielt, Musik aufgeführt, und es wurde gekocht. Aufwändig - und mit Sinn für Humor. Denn es fehlte an allem - und so wurde auf den (ebenfalls erhaltenen) Speisekarten Leitungswasser kurzerhand vollmundig als "Chateau la Pompe" angepriesen.

"Es gibt eine Menü Karte in diesem Konvolut von einem Weihnachtsbankett und die ist tatsächlich sehr ironisch formuliert. Das ist der Versuch, sich als zivilisierte Franzosen, als zivilisierte Bürger zu präsentieren, aber eben mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen. Da wird Wein als 'Chateau la Pompe' ausgegeben: 'La pompe' ist die Wasserpumpe, also Leitungswasser, weil man natürlich keinen Wein hatte."

Dominik Bohmann, Romanist aus Regensburg

In Bayern wurden über 40.000 Kriegsgefangene in mehr als 20 Lagern einquartiert. Offiziere waren besser untergebracht, in Schlössern und Festungen, die einfachen Soldaten mussten mit Barackenlagern vorlieb nehmen. Und sie wurden natürlich als Arbeitskräfte eingesetzt. Aus dem Kriegsgefangenenlager in Amberg wurden zum Beispiel Männer für den Bergbau und die Stahlproduktion angefordert.

"Eine Stelle, die für die hiesige Gegend wichtig war, sind natürlich die Bergwerke, die Luitpoldhütte und vor allem die Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg, in der ständig ein Kommando von 110 Mann vorhanden ist, das dann natürlich am Abend nicht mehr nach Amberg zurückkehrt."

Achim Fuchs, Historiker in Amberg

In Amberg erinnert eine Pyramide an die Opfer, die in dem Lager gestorben sind. Darunter Zivilisten, französische und russische Soldaten. In Regensburg ist nichts von diesem Lager übrig geblieben. Es gibt auch keine Gedenktafel. Lediglich ein Konvolut von Zeitungen, Programmen und Fotos kultureller Veranstaltungen.

Thomas Muggenthaler erinnert an dieses vergessene Kapitel des ersten Weltkriegs.


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