Bayern 2


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Blind Booking Urlaub im Blindflug

Verreisen, egal wohin. Das nennt sich Blind Booking. Wer bucht, hat erstmal keine Ahnung, wohin die Reise geht. Die Freundinnen Selma und Annika haben sich auf dieses Abenteuer eingelassen - in Zeiten, als Reisen noch unbeschwert möglich war.

Von: Susanne Alt

Stand: 27.05.2020 | Archiv

Noch ahnen Selma und Annika nicht, dass sie im sonnig warmen Portugal ihren Urlaub verbringen werden. Die zwei Freundinnen treten zum ersten Mal in ihrem Leben völlig ungeplant eine gemeinsame Reise an. Annika wohnt in Hamburg, Selma in Bielefeld. In Berlin geht in wenigen Stunden ihr Flieger ab. Das Ziel ihrer Reise verbirgt sich in einem großen schwarzen DIN A4 Umschlag, den sie eine Woche vor Abflug mit der Post erhielten. "Erst am vereinbarten Treffpunkt öffnen", steht darauf. Annika und Selma sind jetzt in Berlin angekommen und können die Spannung nicht länger halten, wie in einem Whats app-Telefonat deutlich wird.

Annika: Wir sind gerade in Berlin in Moabit und wir halten es jetzt auch nicht mehr aus, Selma öffnet gerade feierlich den Umschlag und darin ist ein großer weißer Zettel und da steht drauf wo wir hinreisen. Oh Gott, wir sind echt mega aufgeregt!

Selma: Ok, bist du bereit, Annika?

Annika: Ich bin bereit, bist du bereit, Selma?

Selma: Ja.

Annika: Na dann geht's los. (Selma dreht den Zettel um) Wir reisen nach LAGOS! Krass.

Selma: Wo liegt das?

Annika: Ja, wo liegt das? Wir sind total sprachlos, weil es nichts ist, womit wir gerechnet hätten und das finde ich supergeil, weil der größte Wunsch war, irgendwohin zu reisen, wo wir nicht wissen, was uns erwartet und das trifft gerade total zu.

(Whats App-Telefonat mit Annika und Selma)

In dem Umschlag steckt außerdem noch ein personalisierter Reiseführer, maßgeschneidert für die beiden Freundinnen. 40 Seiten lang ist ihr "Travelbook".

Annika: Die erste Seite, da steht: "Liebe Annika und Selma, wir freuen uns, dass ihr euch auf das Abenteuer UNPLANNED eingelassen habt und wollen euch auch unbedingt so Einiges bescheren…" Ähm... ja und bei uns geht es jetzt …

Selma: … in das Städtchen Lagos an der Algarve.

Annika: Ah, es ist Portugal geworden! Super cool. Ich war noch nie in Portugal.

Selma: Historische Altstadt, oh das klingt wunderbar.

Annika: Mega. Und danach geht's noch nach Lissabon, lesen wir gerade. Also wir haben tatsächlich eine Rundreise und werden verschiedene Orte kennen lernen. Wir haben zwei verschiedene Hotels. Total cool!

(Whats App-Telefonat mit Annika und Selma)

Reiseveranstalter entdecken Blind Booking für sich

Der Reisetrend Blind Booking ist noch jung. Man bucht einen Flug, weiß aber noch nicht wohin. Eine Überraschung für die Urlauber, praktisch für Fluggesellschaften, denn sie können flexibel Plätze in Flugzeugen belegen, die sonst leer bleiben würden. Seit knapp drei Jahren etwa gibt es auch Reiseveranstalter, die Blind Booking anbieten und die im Gegensatz zu Fluggesellschaften nicht nur das Hin und Her sondern den ganzen Urlaub von A bis Z durchorganisieren.

"Am Anfang waren das die Fluggesellschaften, die da ihre Restkontingente verkauft haben. Die einfach gesehen haben, da haben wir noch Platz in unserem Flieger. Wie kriegen wir den voll? Und dass es dann maßgeschneidert und individuell ist, das gibt's erst seit 2016, 2017 ungefähr."

Christian Diener, Geschäftsführer des Internetreiseportals unplanned.de

Kontrolle abgeben und einen besonderen Kick verspüren

Der 38-jährige Münchner Christian Diener ist Geschäftsführer und Gründer des Internetreiseportals unplanned.de. Hier haben Annika und Selma ihren einwöchigen Urlaub gebucht. Die beiden waren sich nicht so recht einig darüber, wo genau es hingehen soll. Fest stand nur: dem deutschen Winter entfliehen, unbedingt in die Sonne, am besten an den Strand, die ganze Urlaubsorganisation abgeben und – das war den beiden jungen Frauen wichtig: in ein sicheres Land reisen. Die Auswahl ihres Urlaubsziels haben sie ganz bewusst in fremde Hände gelegt. Um die Kontrolle abzugeben und den besonderen Kick zu spüren.

100 Blind Bookings pro Monat

Im Blindflug in den Urlaub: Der Trend wächst, beobachtet Christian Diener. Circa 100 Blind-Booking-Kunden verzeichnet Unplanned im Monat.

"Ich glaube es gibt unterschiedliche Motivationen. Die eine ist: Es gibt wahnsinnig viele tolle Ziele und man kann sich gar nicht so wirklich entscheiden. Und die andere ist, dass die Leute zwar wissen, was sie wollen, aber auch nicht wirklich die Zeit haben, sich jetzt da reinzufuchsen und zu recherchieren und rauszufinden, was ist denn jetzt die richtige Stadt für mich oder welches Naturziel passt besonders gut zu uns? Wir fragen ja unsere Kunden danach, warum sie bei uns gebucht haben und der meistgenannte Grund ist, dass sie sagen: Ich habe keine Zeit. Ich habe so viel zu tun, wann soll ich das jetzt auch noch planen? Ich will aber nichts von der Stange, sondern ich will eher was Außergewöhnliches. Viele Leute wissen, was sie wollen aber nicht wo und wann und wie genau, da sind sie noch offen. Ich will einen schönen Citytrip mit meinen Freundinnen oder meinem Partner, aber ob ich jetzt in Antwerpen oder Lissabon aussteige, ist mir egal. Ich will eine schöne Zeit haben."

Christian Diener, Geschäftsführer des Internetreiseportals unplanned.de

Im Fall von Annika und Selma trifft das voll zu. Die beiden sind Mitte 20, erlebnishungrig, spontan, risikofreudig und begeisterungsfähig genug, um darauf zu vertrauen, dass ihr Blind Booking Urlaub großartig wird. Davon ist auch am ersten Tag ihrer Ankunft in Lagos jede Menge zu spüren.

"Es hat alles ganz prima geklappt. Wir befinden uns jetzt an unserem ersten Zielort. Auf der wunderschönen Terrasse des Hotels. Haben uns einen Welcome Drink genehmigt und sitzen gerade unter Palmen in der Sonne bei strahlend blauem Himmel und können das gar nicht so richtig fassen, dass wir jetzt hier sind. Es gibt total schöne Sandstrände hier, viele Restaurants, tolle Klippen, wo die ganzen Surfer unterwegs sind... Fühlt sich an wie im Paradies und wir sind ganz beseelt. Wir dürfen uns ein Hotelzimmer aussuchen, es gibt ein Upgrade für uns, wenn wir möchten, hat uns die Hotelfrau gesagt. Ganz familiär, ganz persönlich hier! In den kommenden Tagen kommt noch das Stand Up Paddling hinzu als Programmpunkt, aber jetzt sind wir erst mal total froh, dass wir hier gerade wie im Traum unseren Urlaub erleben."

Annika

Ein Trend für Jung und Alt

Blind Booking ist keine Frage des Alters – ein Trend auf dem nicht nur die jungen Leute aufspringen.

"Im Schnitt sind unsere Kunden um die 30, 35 Jahre alt, wir haben aber auch viele 40er, 50er, 60er und hatten sogar einen 70. Geburtstag. Das Interessante daran ist, dass die Älteren sagen: Ich finde das total toll, mich mal nicht so schlau zu machen, mich mal wieder auf ein Abenteuer einzulassen, wie es früher auch war, da hat man auch deutlich weniger Informationen gehabt und ist einfach mal los und hat sich mal auf was eingelassen. Ich glaube auch, dass die jüngere Generation so bombardiert wird von Information und Social Media, dass die es total spannend findet, sich mal auf was Neues einzulassen."

Christian Diener, Geschäftsführer des Internetreiseportals unplanned.de

Bevor die Reise allerdings losgeht, gibt man einige persönliche Vorlieben von sich preis. Erst online, danach in einem Telefoninterview.  

"Erst mal schauen wir uns die Interessen an: Soll es in die Natur oder in die Stadt gehen? Wir haben verschiedene Fragen auf unserer Website, so lernen wir Sie kennen. Da können sie zum Beispiel auch Reiseziele ausschließen. Und dann rufen wir Sie sicherheitshalber nochmal an, das ist unser Qualitäts-Check. Da besprechen wir die letzten Fragen mündlich mit Ihnen, das dauert 3 Minuten, dann haben wir alle Informationen und dann legen wir los und schauen, was am besten passt. Dann schauen wir nach Flügen, da ist auch die Unterkunft immer dabei und auch das Shuttle und da schauen wir, dass wir das so maßgeschneidert wie möglich auf Sie zuschneiden."

Christian Diener, Geschäftsführer des Internetreiseportals unplanned.de

950 Euro haben Annika und Selma pro Person für ihre einwöchige Rundreise durch Portugal bezahlt. Doch das war es wert, betont Annika, als sie wieder zuhause in Hamburg ist.

"Wir haben jetzt nicht unsere Reise so geplant, dass wir auf Biegen und Brechen Geld sparen, sondern wir wollten eine schöne Reise haben. Und ich fand's gerade so spannend, dass man hier wirklich alles in eine Hand gibt und keinen Einfluss darauf nimmt und dadurch in Gänze überrascht wird. Man hat auf jeden Fall eine erhebliche Zeitersparnis. Ich bin immer noch total geflasht von dem reibungslosen Ablauf, die Hotels waren klasse, keine Standardhotels, ganz liebevolles Personal, ganz persönlich und auch alle Überraschungen, die Unplanned für uns gebucht hat, passten so gut zu unseren Persönlichkeiten und auf unsere Leidenschaften."

Annika

Urlaub mit Überraschungen

Selma und Annika bei ihrer Fototour durch Lissabon.

Eine der größten Überraschungen war für die beiden eine geführte Fototour durch Lissabon an Selmas 25. Geburtstag mit anschließendem Restaurantbesuch. Dabei haben die beiden Freundinnen Unplanned gegenüber kein Wort davon erzählt, dass sie sich für Fotografie begeistern, weder telefonisch noch schriftlich. Wie ist so ein Treffer ins Schwarze dennoch möglich? Das Geheimnis für eine gelungene Überraschung liegt zwischen den Zeilen, verrät Christian Diener.

"Sie werden lachen, aber das Telefoninterview ist tatsächlich wichtig. Da erfahren wir Vieles. Wir machen uns sehr viele Gedanken. Das freut mich natürlich, dass wir da ins Schwarze getroffen haben. Aber das ist wirklich kein Algorithmus, der einfach sagt: Zack, buchen wir dieselbe Überraschung nochmals, sondern da überlegen wir uns schon: Ok, in welchem Alter sind die? Was könnte ungefähr passen? Das und das haben sie angegeben - komm, dann sollen die unbedingt mal die Fototour machen, das ist doch geil!"

Christian Diener, Geschäftsführer des Internetreiseportals unplanned.de


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