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Alles geben für Bernie? Reportage von Wahlhelfern

Heute findet in den USA der so genannte "Super Tuesday" statt. Dann wird in 14 Bundesstaaten über die demokratischen Präsidentschaftskandidierenden abgestimmt. Die Demokraten haben dabei ein besonderes Augenmerk auf Kalifornien gelegt, denn der einwohnerstärkste Bundesstaat kann auch die meisten Delegierten-Sitze vergeben. Gute Chancen werden hier Bernie Sanders eingeräumt, der in Kalifornien besonders bei den Latinos versucht, Wählerstimmen zu bekommen. Katharina Wilhelm aus Los Angeles berichtet vom Stimmenfang an der Wählerfront:

Von: Katharina Wilhelm

Stand: 03.03.2020

dpatopbilder - 01.03.2020, USA, Los Angeles: Bernie Sanders, demokratischer Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur, spricht auf einer Wahlkampfveranstaltung. im Los Angeles Convention Center. Foto: Damian Dovarganes/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Bild: dpa-Bildfunk/Damian Dovarganes

Für jeden neu angeworbenen Wähler klingelt es im Wahlkampfbüro von Bernie Sanders. Am Telefon versuchen viele freiwillige Wahlkampfhelfer für den demokratischen Kandidaten zu werben. Eine der neuen Unterstützerinnen ist Estrella Lopez – der Kampagnenleiter vor Ort begrüßt sie, ihre Schwestern und ihre Mutter, die nun alle für Bernie Sanders unentgeltlich Werbung machen werden.

"Für mich ist Bernie Sanders der einzige Kandidat. Er ist wie Familie für uns Latinos. Wenn wir ihn auf der Bühne sehen, ist es, als ob einer unserer Onkel da oben steht."

Estrella Lopez, Wahlkampfhelferin

Onkel Bernie

"Tio Bernie", also "Onkel Bernie", nennen ihn viele Latinos liebevoll. In Kalifornien bezeichnen sich fast 40 Prozent der Einwohner mit Wurzeln in Lateinamerika als "Latinos", ob neu eingewandert oder seit Generationen hier ansässig. Ihre Stimmen sind wichtig, um zu gewinnen. Und Estrella Lopez will diese Stimmen direkt an der Haustür einsammeln. Zusammen mit ihrem Freund Christian zieht sie durch East L.A., ein ärmeres Viertel, das vor allem hispanisch geprägt ist.

Die demokratischen Kandidaten haben mit der Lebenswelt der Latinos und Latinas erst einmal wenig am Hut. Die meisten, so wie auch Bernie Sanders, sind weiß, männlich und - alt. Trotzdem vertrete er die Interessen der Latinos, meint Christian:

"Er spricht Leute mit geringerem Einkommen an. Er hat Ideen, die uns gefallen. 2016 waren wir vielleicht noch nicht bereit."

Estrella Lopez, Unterstützerin

Versprechen für Einkommensschwache

Estrella ergänzt, was er damit meint: nämlich gleiche Rechte für Schwule, Lesben oder Transgender zum Beispiel. Jetzt, im Jahr 2020, habe sich das geändert. Sie meint, die Gesellschaft sei offener geworden. Viele Latinos sind eigentlich eher konservativ geprägt. Bernie Sanders ist nicht gegen Abtreibungen – für viele katholisch-geprägte Familien eigentlich ein No-Go. Doch was sie an ihm interessiert, sind die Versprechen, die vor allem Einkommensschwachen zu Gute kommen. Ein Gesundheitssystem für alle zum Beispiel, Sanders will den Mindestlohn auf 15 Dollar pro Stunde erhöhen, Gewerkschaften stärken. Für manche gibt es auch noch andere Gründe:

"Ich wähle ihn wegen der kostenlosen Bildung. Ich habe drei Kinder und mache mir Sorgen um ihre Zukunft. Ich weiß nicht, wie sie das bezahlen sollen."

Maria, Sanders-Anhängerin

Rassismus bekämpfen, Krankenkassen für alle

Maria ist zu einer Wahlkampfveranstaltung von Sanders nach Downtown L.A. gekommen. Hier spricht Sanders am Sonntag vor tausenden Anhängern. Er wiederholt seine Anliegen: Rassismus bekämpfen, Krankenkassen für alle, ein liberales Einwanderungsrecht. Gerade bei den Latinos bekommt er dafür viel Zustimmung.

Sanders Ideen zu sozialistisch?

Die Sanders-Kampagne versucht im zweiten Anlauf nach dem verlorenen Rennen von 2016 mehr auf People of Color - also auf eine nicht weiße Wählerschaft zu setzen und zum Beispiel Schwarze und Latinos gezielt anzusprechen. Bis jetzt scheint die Strategie für Kalifornien zumindest aufzugehen. Die letzten Umfragen zeigen, dass er vorne liegt, und gerade bei den Latinos und jungen Menschen viele Stimmen holen kann. Sanders Gegner halten seine Ideen für zu radikal, zu sozialistisch. Wahlkampfhelferin Estrella meint, dass die USA aber dafür bereit sind: 

"Die USA ist ein sozialistischer Staat, wenn man so will. Es gibt schließlich auch Wohlfahrt hier. Das Wort “Sozialismus” hat nur negative Assoziationen und viele haben Angst davor. Wir sind bereit dafür."

Estrella Lopez, Wahlkampfhelferin

Hauptsache, Trump wird abgewählt

Sollte ihr Favorit Sanders nicht als demokratischer Kandidat aufgestellt werden, wäre Estrella enttäuscht. Aber dann könne man nicht parteiisch sein, es gehe schließlich darum, Donald Trump abzuwählen.

Nach dem Super Tuesday wird auf jeden Fall klarer sein, wer im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur vorne liegen wird. Estrelle wird ihrem “Onkel Bernie” jedenfalls die Daumen drücken.


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