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Wann ist man Alkoholiker? Wann wird Alkohol zum Problem?

Ab wann ist Alkoholkonsum gefährlich? Und woran erkenne ich einen Alkoholiker? Ein Interview mit Martin Heyn, Leiter des Bayerischen Zentrums für Prävention und Gesundheitsförderung.

Stand: 16.11.2023

Frau trinkt ein Glas Weißwein | Bild: mauritius images / Chris Rout / Alamy / Alamy Stock Photos

"Alkoholismus ist eine Krankheit, keine Schwäche des Einzelnen."

Martin Heyn, Leiter des Bayerisches Zentrums für Prävention und Gesundheitsförderung

In Deutschland sterben pro Jahr insgesamt über 40.000 Menschen vorzeitig an den Folgen ihres Alkoholkonsums, so der Alkoholatlas Deutschland 2022 - dieser wird jährlich vom Deutschen Krebsforschungszentrum herausgegeben. Häufig ist nicht nur die Person selbst, sondern auch das Umfeld dramatisch von der Krankheit betroffen. Martin Heyn, Leiter des Bayerischen Zentrums für Prävention und Gesundheitsförderung, erklärt im Interview mit BAYERN 1 im März 2018, ab wann jemand Alkoholiker ist.

Ab wann wird der Alkohol zum Problem?

BAYERN 1: Wann ist Alkoholkonsum gefährlich?

Martin Heyn: Ob Alkohol gefährlich ist oder nicht, hängt von mehreren Faktoren ab. Unter anderem spielen der individuelle Gesundheitszustand, die Menge an Alkohol und natürlich auch die Situation, in welcher Alkohol getrunken wird, eine Rolle.

Grundsätzlich spricht man von einem risikoarmen Konsum, wenn Frauen täglich nicht mehr als 12 g und Männer nicht mehr als 24 g reinen Alkohol trinken. Das entspricht für Männer ungefähr 0,6 l Bier oder einem Viertel Liter Wein. Frauen sollten allerdings nicht mehr als 0,3 l Bier oder ein Achtel Liter Wein pro Tag trinken. In beiden Fällen werden ein oder zwei Tage Abstinenz pro Woche miteinberechnet. Wenn man also nicht mehr als die von der deutschen Hausstelle für Suchtfragen e.V. empfohlene Menge Alkohol trinkt, treten aller Voraussicht nach keine gesundheitlichen Auswirkungen auf.

Woran erkenne ich ein Alkoholproblem?

BAYERN 1: Wie erkenne ich, dass jemand ein Alkoholproblem hat?

Martin Heyn: Es gibt viele Anzeichen dafür, dass jemand ein Alkoholproblem hat. Selbstverständlich trinkt die betroffene Person deutlich mehr Alkohol. Zu Beginn wird sich der oder die Betroffene immer wieder Anlässe suchen, um zu trinken: Mittagspause, Feierabend, Freitagnachmittag, Samstagabendparty. Zusätzlich führt der immer weiter steigende Alkoholkonsum zu vielen nicht eingehaltenen Vorsätzen, zu Kontrollverlust und langsam auch zur Wesensveränderung. Die Sucht ist bereits weit fortgeschritten, wenn der oder diejenige heimlich trinkt und immer nach Alkohol riecht.

CAGE Interview

Um herauszufinden, ob jemand ein Alkoholproblem hat, kann man ein sogenanntes CAGE-Interview führen. Der Test besteht aus vier Fragen. Liegen mindestens zwei Ja-Antworten vor, weist dies auf eine Alkoholabhängigkeit hin.

C = Cut Down: Haben Sie (erfolglos) versucht, Ihren Alkoholkonsum einzuschränken?
A = Annoyed: Haben andere Personen Ihr Trinkverhalten kritisiert und Sie damit verärgert?
G = Guilty: Hatten Sie schon Schuldgefühle wegen Ihres Alkoholkonsums?
E = Eye Opener: Haben Sie jemals schon gleich nach dem Aufstehen getrunken, um "in die Gänge" zu kommen oder sich zu beruhigen?

Was kann ich tun, wenn ich einen Verdacht habe?

BAYERN 1: Was kann ich tun, wenn ich den Verdacht habe, jemand in meinem Umfeld wird zum Alkoholiker?

Martin Heyn: Der erster Schritt wäre, den Betroffenen in seinem Konsum nicht zu unterstützen. Verzichten Sie auf ein gemeinsames Feierabendbier und den Schnaps nach dem Essen. Sollte der Verdacht bleiben, dann sprechen Sie die betroffene Person direkt an. Verpacken Sie Ihre Beobachtungen nicht in einen Schuldvorwurf sondern in aufrichtige Sorge: "Ich habe das Gefühl, dir geht es gerade nicht gut. Kann ich dir helfen?" Seien Sie sich jedoch bewusst, dass Sie den Erkrankten selbst nicht therapieren können. Daher sollten Sie als Angehöriger oder indirekt Betroffener immer Hilfe von außerhalb holen, zum Beispiel bei Selbsthilfegruppen.

Wie kann ich zu hohem Alkoholkonsum vorbeugen?

BAYERN 1: Haben Sie ein paar Tipps zur Prävention?

Martin Heyn: Ja, reduzieren Sie Ihren Konsum. Verzichten Sie hin und wieder auf Alkohol, um selbst bewusster mit dem Suchtmittel umzugehen. Trinken Sie bei manchen "Anlässen" nichts und seien Sie damit auch konsequent. So können Sie Ihren Mitmenschen gegenüber ein Zeichen setzen. Seien Sie ein gutes Beispiel für Kinder und Jugendliche. Und: Trinken Sie niemals Alkohol im Straßenverkehr, im Beruf oder während einer Schwangerschaft.

Das Interview führte Gabi Fischer

Journalistin und Coach Nathalie Stüben erzählt auf der Blauen Couch, wie sie es ganz allein aus der Sucht schaffte

https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/nathalie-stueben-journalistin-und-coach/bayern-1/94069880/


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