Bayern 1 - Blaue Couch


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Geheimnis Bewahren oder teilen? Warum wir Geheimnisse brauchen

Geheimnisse hat jeder. Und wir Menschen brauchen sie auch: im Alltag, in der Liebe, in Freundschaften. Wir haben uns dazu Studien angesehen und Autor und Mentalist Thorsten Havener auf der Blauen Couch zugehört.

Stand: 05.01.2023

Frau deutet an, man möge bitte das Geheimnis für sich behalten, mit Finger an ihrem Mund | Bild: mauritius images / Andrii Iemelianenko / Alamy / Alamy Stock Photos

13 Geheimnisse hat jeder Mensch

Jeder von uns trägt im Schnitt 13 Geheimnisse mit sich herum, das hat der amerikanische Forscher Michael Slepian von der Columbia University in einer umfangreichen Studie mit 10.000 Versuchspersonen aller Altersschichten untersucht. Hier geht es zu der englischsprachigen Studie.

Geheimnisse im Alltag: Wir entscheiden, was wir sagen

Geheimnisse schützen uns im Alltag. Sie sind Ausdruck unserer Selbständigkeit und wichtig dafür, dass wir uns als autonome Persönlichkeiten empfinden. Thorsten Havener ist Mentalist und Autor. In seinem Buch "Sag es keinem weiter" hält er ein Plädoyer für Geheimnisse.

"Sie schützen uns in zwischenmenschlichen Beziehungen vor Verletzungen und sichern uns somit unsere soziale Stellung. Wir sagen nicht immer, was wir denken, und halten unsere wahre Meinung geheim - und das ist oft auch gut so."

Thorsten Havener

In der Teenagerzeit gehören Geheimnisse vor den Eltern zum Erwachsenwerden, sie sind wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung. Das hat die Sozialpsychologin Catrin Finkenauer von der Universität Utrecht 2002 in einer Untersuchung herausgefunden: Die Heranwachsenden erzählen ihren Eltern nicht mehr alles. Und damit grenzen sie sich von Mutter und Vater ab, emanzipieren sich so von ihnen.

Geheimnisse in Freundschaften: gut für die Bindung

Als "Währung der Freundschaft" hat Sozialpsychologin Catrin Finkenauer Geheimnisse bezeichnet. Eines ihrer Forschungsergebnisse: Wir teilen die meisten unserer Geheimnisse mit mindestens einem anderen Menschen und das stärkt unsere Beziehung zu ihm. So erklärt es Thorsten Havener:

"Durch das Teilen von Geheimnissen wird die zwischenmenschliche Bindung gestärkt, und dadurch, dass man dem anderen etwas Besonderes anvertraut, wird diese Beziehung zu etwas Einzigartigem."

Thorsten Havener

Und in einer Freundschaft ist das mit dem Anvertrauen ein wechselseitiger Nutzen: Wer möchte, dass einem andere Geheimes anvertrauen, muss auch selbst seine Geheimnisse teilen.

Thorsten Otto Geheimnis

Mentalist Thorsten Havener hat auf der Blauen Couch versucht, ein Geheimnis von BAYERN 1 Moderator Thorsten Otto zu erraten. Ob ihm das tatsächlich gelungen ist und um welches Geheimnis es sich in dem Gespräch von 2019 gehandelt hat, hören Sie in unserem Blaue Couch Podcast:

https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/thorsten-havener-mentalist/bayern-1/78783608/

Geheimnisse in der Liebe: Interessant bleiben

Geheimnisse haben in Beziehungen eine wichtige Funktion - auch, wenn in Umfragen ein Großteil der Befragten angeben, sie hätten keine Geheimnisse vor ihrem Partner. Geheimnisse oder Nicht-Erzähltes sorgen dafür, dass wir für den anderen faszinierend bleiben und sie stellen sicher, dass Partner eigenständige Personen mit individuellen Wünschen, Träumen und Bedürfnissen bleiben. Unser Gehirn, so eine Studie aus dem Jahr 2001, reagiert stärker auf Überraschendes als auf Vorhersehbares. Hier lesen Sie eine Zusammenfassung der Studie, die am US-amerikanischen Emory University Health Sciences Center entstanden ist. Wenn wir den Partner so genau kennen, dass wir jede seiner Verhaltensweisen voraussagen können, ist er nicht mehr interessant für uns.

"Dabei sind sich Psychologen einig: Zu viel Offenheit führt zur Offensichtlichkeit. Und das gilt nicht nur in Beziehungen und Freundschaften. Zauberkünstlern und Mentalisten geht es nicht anders."

Thorsten Havener

Geheimnisse bewahren

Wenn wir ein Geheimnis anvertraut bekommen, das wir unter keinen Umständen verraten dürfen, kann das schwierig für uns sein. Die Tipps von Thorsten Havener: Generell drauf achten, dass das Gespräch nicht auf dieses Thema kommt. Und für die eigene Erleichterung: Das Geheimnis einem Gegenstand erzählen oder es aufschreiben.

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