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Pflanzenpass Warum Ihre Balkonpflanze jetzt einen eigenen Pass hat

In der EU brauchen auch Garten- oder Topfpflanzen einen eigenen Pass für die Reise vom Erzeuger zum Einzelhändler. Was dahinter steckt und was Verbraucher davon haben.

Stand: 16.07.2020 | Archiv

Topfpflanze mit einem EU-Pflanzenpass | Bild: Irene Fischbeck/Julius Kühn-Institut

Innerhalb der EU reisen Pflanzen wie Balkon-, Zimmer- und Gartenpflanzen sowie Blumenzwiebeln seit Dezember 2019 mit einem Pflanzenpass. Vielleicht sind Ihnen bereits Aufkleber auf Pflanztöpfen aufgefallen: Sie tragen die Europaflagge, zum Teil einen Balkencode, den Namen der Pflanze und Angaben zur Herkunft. Das sind Pflanzenpässe. Das hat folgenden Hintergrund: Um zu vermeiden, dass Schädlinge durch Pflanzen oder Erreger von Pflanzenkrankheiten wie Viren, Bakterien oder Pilze in der EU ungewollt herumreisen, brauchen Pflanzen diesen Pflanzenpass. Dieser belegt, woher die Pflanze genau stammt und dass sie auf Schädlinge kontrolliert worden ist.

Pflanzenpass in Etikettform

Zwar ist der Pflanzenpass für Kontrolleure und Behörden gedacht, aber auch dem Verbraucher bringt er mehr Sicherheit und Wissen: Auf dem Pflanzenpass-Etikett stehen der botanische Name der Pflanze und deren Herkunftsland. Doch auch Pflanzen, die das Etikett nicht auf dem Topf haben, werden nur verkauft, wenn der Händler bei der Anlieferung auch einen solchen Pass erhalten hat.

Das internationale Pendant zum EU-Pflanzenpass ist das Pflanzengesundheitszeugnis, das für alle Pflanzen, auch für Schnittblumen, Gemüse, die meisten Früchte und viele Holzarten, die aus Nicht-EU-Ländern zu uns einreisen, rechtlich vorgeschrieben ist. Dazu sagt Dr. Magdalene Pietsch vom Julius Kühn-Institut (JKI), dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen: "Oft merkt der Verbraucher gar nicht, dass er im Internet Pflanzen zum Beispiel aus China bestellt. Wenn diese kein Pflanzengesundheitszeugnis besitzen, werden sie am Flughafen in Frankfurt vom Zoll abgefangen und zerstört." Für Pflanzen ohne Pflanzengesundheitszeugnis besteht nämlich ein Einfuhrverbot in die EU. Das Pflanzengesundheitszeugnis stellt sicher, dass die Pflanzen vor dem Export amtlich auf Schädlinge kontrolliert wurden.

Pflanzenpass - wieso brauchen Pflanzen einen?

Exemplar eines Asiatischen Laubholzbockkäfers

Pflanzenpass und Pflanzengesundheitszeugnis sind aus ökologischen Gründen wichtig, denn durch die Nachvollziehbarkeit der Pflanzenherkunft lassen sich Schädlinge besser in Schach halten. Besonders neue Schädlinge, die in der EU noch nicht vorkommen oder erst in kleinen Gebieten verbreitet sind, werden am Reisen gehindert. Sie sind gefährlich für unsere Landwirtschaft, Wälder, Gärten und Parks, aber auch für natürliche Lebensräume von Pflanzen: "Im Fokus stehen dabei Schädlinge, die in der EU nicht heimisch sind oder potenziell große Schäden an Pflanzen verursachen. Dazu zählen beispielsweise Insekten wie der Asiatische Laubholzbockkäfer, der auch gesunde Laubbäume befällt, oder Xylella fastidiosa, das Feuerbakterium, das in Süditalien dem Olivenanbau bereits schwer zugesetzt hat", so das JKI.

Die Angaben von Pflanzenpass und dem internationalen Pflanzengesundheitszeugnis ermöglichen es, beim Auftreten von Schädlingen über die Handelskette die Herkunft der Pflanzen nachvollziehen zu können und weitere Ausbreitungen zu verhindern.

Unbekannte Schädlinge an Pflanzen - bitte immer melden

Alle Klein- und Hobbygärtner spielen eine wichtige Rolle beim Schutz vor Schädlingen, die bei uns hierzulande neu sind. Wer einen unbekannten Schädling in seinem Umfeld oder an neuen, gekauften Pflanzen entdeckt, sollte diesen umgehend melden. Die richtigen Ansprechpartner finden Sie hier: Pflanzenschutzdienste der Bundesländer

Pflanzen im Internet bestellen - worauf achten

Wer häufiger im Internet Zimmer- oder Gartenpflanzen bestellt, sollte darauf achten, dass der Händler auf seiner Website auf die rechtlichen Bestimmungen zum Pflanzengesundheitszeugnis hinweist oder die Pflanzen explizit ein solches haben.

"Pass und Zeugnis stellen sicher, dass nur gesunde, nicht befallene Pflanzen versendet werden. Daher sollten Verbraucher bei Bestellungen im Internet auf das Herkunftsland der Pflanzen und Pflanzenprodukte achten."

Julius Kühn-Institut

Pflanzen aus dem Urlaub mitbringen - was gilt

Wenn Sie in Ihrem Urlaubsland, das nicht zur EU gehört, eine Pflanze, Blumen oder Früchte kaufen und mitnehmen wollen, müssen diese ein Pflanzengesundheitszeugnis haben. Wenn nicht, kann es sein, dass die Pflanze bei der Einreise vom Zoll beschlagnahmt wird und Sie Ihr Souvenir damit los sind. Und nicht nur das:

"Wenn Sie an der Grenze kein Pflanzengesundheitszeugnis vorgelegen können, werden die Pflanzen oder Pflanzenprodukte in der Regel vernichtet. Sie müssen damit rechnen, dass ein Bußgeld zu zahlen ist und Sie die Kosten der Vernichtung übernehmen müssen."

JKI, 'Pflanzliche Souvenirs mit ungeahnten Folgen'

Sie sollten außerdem wissen, dass manche Pflanzenarten generell nicht in die EU eingeführt werden dürfen. Das sind unter anderem: die meisten Nadelgehölze, einige Laubgehölze (Esskastanie, Eiche, Pappel aus Nordamerika), Obstgehölze und Glanzmispeln, Erdbeerpflanzen, Weinreben, Zitruspflanzen, lose Erde und Kultursubstrate, Nachtschattengewächse, Kartoffeln und viele Gräserarten. Weitere Informationen finden Sie beim Zoll.

Welche Früchte darf ich aus dem Ausland mitbringen

Durianfrüchte oder Stinkfrüchte - in vielen Transportmitteln und Hotels sind sie wegen ihres eigenwilligen Geruchs verboten.

Nur fünf Obstarten dürfen Sie von Ihrer Reise aus dem Ausland ohne Pflanzengesundheitszeugnis mitbringen, auch in Ihrem Reisegepäck - das sind frische Datteln, Kokosnüsse, Bananen, Durian und Ananas. Für alle anderen Früchte und Pflanzen müssen Sie ein Pflanzengesundheitszeugnis vorweisen können, wenn Sie wieder in die EU einreisen. Pflanzengesundheitszeugnisse kann nur die Pflanzenschutzbehörde des jeweiligen Ausfuhrlandes nach einer Untersuchung der Ware ausstellen. Haben Sie keines, kann der Zoll die Früchte beschlagnahmen. Es gibt dabei auch keine Ausnahmen für kleine Mengen.

Auch interessant: Nicht jedes Souvenir darf man aus dem Urlaub mitbringen.


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