Bayern 1

Kohlensäure Macht Sprudelwasser Sodbrennen?

133,8 Liter Sprudelwasser trinken wir im Schnitt pro Jahr. Es hält sich das Gerücht, dass Kohlensäure ungesund sei. Wir haben mit einem Experten gesprochen, ob das tatsächlich stimmt.

Von: Astrid Hickisch

Stand: 23.10.2023 16:29 Uhr

Frau lehnt an einem Fensterrahmen mit einem Glas Mineralswasser in der Hand | Bild: mauritius images / Westend61 / Steve Brookland

Wasser mit Kohlensäure ist das beliebteste Softgetränk der Deutschen. 133,8 Liter Sprudelwasser haben wir 2020 pro Kopf im Schnitt getrunken. Das sind mehr als 16 Getränkekisten. Nur ein Getränk nehmen wir in noch größeren Mengen zu uns - und das ist Kaffee. Davon tranken wir 166 Liter pro Kopf im Jahr 2020.

Ursprünglich wurde Kohlensäure Getränken zugesetzt, um diese länger haltbar zu machen. Vielen Menschen schmeckt Wasser heute einfach besser, wenn es Kohlensäure enthält.

"Der Unterschied zu stillem Wasser ist die für manche Leute etwas erfrischendere Wirkung durch die Gasfreisetzung im Mund-Rachenraum. Letztlich wie der Unterschied zwischen Wein und Sekt und damit reine Geschmackssache."

Jörg Schirra, Gastroenterologe und Oberarzt am Klinikum der Universität München

Kohlensäure völlig harmlos

Der Begriff "Wasser mit Kohlensäure" ist eigentlich ein umgangssprachlicher Irrtum, denn echte Kohlensäure findet sich nur in Spuren in Getränken: Das, was im Mineralwasser sprudelt, ist eigentlich nur in Wasser gelöstes Kohlendioxid (CO2). Sprudelwasser wird hergestellt, indem man Kohlendioxid in Wasser einleitet. Dabei entsteht ganz kurz Kohlensäure (H2CO3), die aber sehr schnell wieder in Bikarbonat-Ionen (HCO3-) und Protonen (H+) zerfällt. Und das passiert damit im Körper:

"Die Gasbläschen, die ja jeder im Sprudel beobachten kann oder im Weißbier, werden im Magen-Darmtrakt schlicht resorbiert. Kohlendioxid ist völlig harmlos. Die Geschwindigkeit und Menge an Sprudel, die man trinken kann, ist ja begrenzt durch die Gasfreisetzung im Magen. Wird das zu viel, muss man aufstoßen."

Jörg Schirra

Kohlendioxid wird vom menschlichen Körper so gut und so schnell abgebaut, dass man dieses Gas in der Medizin einsetzt, um vorbereitend für eine Bauchspiegelung die Bauchdecke anzuheben. Wenn man das selbe mit normaler Luft versuchen würde, hätten Patienten viel länger einen aufgeblähten Bauch. Kohlendioxid wird einfach abgeatmet.

Kohlensäure - Übersäuerung?

Der Blick auf die Deklaration zeigt, ob ein Mineralwasser zum Beispiel viel Hydrogencarbonat enthält.

Sprudelwasser macht deswegen auch nicht sauer - auch ein Gerücht, das sich hartnäckig hält. Denn es ist ja keine Säure, sondern in Wasser gelöstes Kohlendioxid. Befindet sich die sogenannte Kohlensäure in anderen Softgetränken, die auch noch viel Zucker enthalten wie Limonaden oder Cola, ist es etwas anderes: Dann sorgt der darin enthaltene Zucker für die Übersäuerung.

Kohlensäure bei empfindlichem Magen

Manche Menschen müssen häufig aufstoßen oder bekommen einen Blähbauch von Wasser mit Kohlensäure - die sollten auf stille Wässer oder Leitungswasser umsteigen. Der Grund: Bei jedem Aufstoßen, das auftritt, wenn wir zuviel Gas im Magen haben, wird eine kleine Menge Magensaft nach oben Richtung Speiseröhre transportiert. Das kann bei empfindlichen Menschen zu Sodbrennen führen. Wer ohnehin schon Magen-Darm-Probleme hat, dem kann stark kohlensäurehaltiges Wasser noch mehr zusetzen. Deswegen rät die Verbraucherzentrale:

"Bei einem empfindlichen Magen sollte besser auf Kohlensäure verzichtet und eher auf ein Wasser mit viel Hydrogencarbonat gesetzt werden. Hydrogencarbonat, auch Bicarbonat genannt, neutralisiert überschüssige Säuren, die im normalen Stoffwechsel entstehen."

Verbraucherzentrale

Ein Hydrogencarbonat-Gehalt von über 1.300 mg/l kann laut dem Verband der Heilwasser-Vertreiber ausgleichend auf den Säure-Basen-Haushalt im Körper wirken.

Wasser aus der Glas- oder aus der Plastikflasche - was von beiden umweltfreundlicher ist, das hören Sie in unserem Besser leben Podcast:

https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/wann-plastikflaschen-oekologisch-ok-sind/bayern-1/89084966/

Macht Kohlensäure in Getränken dick?

Palästinensische Forscher wollen herausgefunden haben, dass Kohlendioxid in Getränken den Spiegel des appetitanregenden Hormons Ghrelin anhebt. Wer mehr Hunger hat, der isst mehr und das könnte dazu führen, dass man über längere Zeit zunimmt, wenn man häufig kohlensäurehaltige Getränke konsumiert. Die Forscher von der Birzait-Universität in Ramallah hatten dies an 16 Ratten und auch an menschlichen Probanden getestet. Allerdings war die Menge ihrer Versuchspersonen sehr klein, sie bestand aus 20 Studenten. Auch deswegen wurden die Ergebnisse dieser Studie von Experten stark angezweifelt.

Unser Experte, Prof. Dr. Jörg Schirra, kritisiert an dieser Studie ebenso die sehr kleine Menge an Versuchstieren und - personen sowie die Unklarheit, welche Getränke die Ratten in der Studie zu trinken bekommen haben.

Er ordnet ein: "Ich halte es für grundsätzlich denkbar, dass Ghrelin durch CO2-haltige Getränke im Magen sehr kurzfristig stimuliert werden kann. Es wurde allerdings beim Menschen nicht gezeigt, im Gegenteil. Ein Effekt auf das Essverhalten oder das Körpergewicht ist hingegen völlig spekulativ."

Eine wichtige Rolle spielt unser Trinkverhalten übrigens beim Entstehen (und auch beim Behandeln) von Hämorrhoiden: Was hilft gegen Hämorrhoiden?

Abnehmen mit Mineralwasser

Das Gas, das im Mineralwasser enthalten ist, bewirkt ganz im Gegenteil, dass wir uns sogar schneller satt fühlen. Alles, was ein Völlegefühl vermittelt, ist appetitsenkend.

"So bewirkt eine Steigerung des Magenvolumens eine Hemmung der Nahrungsaufnahme. Durch Stretch-Rezeptoren, die direkt zum Hirn 'funken'. Und Ghrelin selbst beschleunigt die Magenentleerung, das ist bewiesen. Eine beschleunigte Magenentleerung wiederum führt unmittelbar zur Stimulation einer ganzen Armada von Signalen, die alle die Nahrungsaufnahme sofort hemmen."

Jörg Schirra

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