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Kleinwindkraftanlagen Windräder für zuhause - lohnt sich das?

Wie gut funktionieren die kleinen Windkraftanlagen für Zuhause? Erzeugen diese Windräder für den Balkon auch ausreichend Strom?

Von: Alexander Dallmus

Stand: 02.11.2022

Wie gut funktionieren kleine Windräder? | Bild: mauritius-images

https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/wie-zuverlaessig-ist-windkraft-als-energielieferant-in-deutschland/bayern-1/12048955/

Die Strompreise bewegen sich mittlerweile seit Monaten auf Rekordniveau. Selbst die vorzeitige Abschaffung der EEG-Umlage im Sommer 2022, mit der eigentlich die Förderung des Ausbaus von Solar-, Wind-, Biomasse- und Wasserkraftwerken finanziert werden sollte, verpuffte für die Verbraucher. Bei über 30 Cent für Bestandskunden (aktuell: 49 Cent/Kwh für Neukunden) überlegen viele Eigentümer in Photovoltaik-Anlagen zu investieren. Allerdings werden Photovoltaik-Module ebenfalls teurer und sind zudem derzeit schwer zu kriegen.

Windrad Balkon

Aber vielleicht könnte man den Wind ja für sich nutzen. Wie effizient ist Windkraft für Zuhause? Wer nach „Kleinwindkraftanlage“ im Netz sucht, merkt schnell: Das kann lange dauern. Das Angebot reicht von kleinen Propellern für unter 200 Euro bis zu höchst professionellen kleinen Windkraftwerken, die man auf ein Fundament im Garten stellt und die schon mal 40.000 Euro und mehr kosten können. Hier in unserem Podcast hören Sie alle Infos im Detail:

Kleine Windräder sind nur was für Bastler

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat sich intensiv mit solchen Kleinwindkraftanlagen beschäftigt. Laut einer Beispielrechnung kommt man dort gerade mal auf einen Ertrag von knapp 100 Kilowattstunden im Jahr. Das wären, nach aktuellem Stand, knapp 40 Euro Ersparnis, sofern man alles selbst verbraucht.

Dafür müssen die kleinen Windanlagen allerdings reibungsfrei laufen. Kleinwindanlagen sind ein Nischenmarkt. Die Qualität der Anlagen ist daher sehr unterschiedlich. "Immer darauf achten, sind die Anlagen zertifiziert, sind sie hier zugelassen in Deutschland, gibt es Betriebserfahrungen damit?", rät Reinhard Loch, Experte für Energieeffizienz bei der Verbraucherzentrale NRW, "damit man nicht auf die Erstprodukte reinfällt und die halten eben nur zwei Jahre. Dann muss man die Anlage schon wieder verschrotten. Wir haben von Kleinwindanlagen gehört, wo dann der Rotor schon nach einem halben Jahr auseinandergefallen ist."

Mini-Windrad auf dem Dach?

Der Bundesverband Kleinwindanlagen rät grundsätzlich von Mini-Windrädern auf dem Dach ab. Oft kriegen die Anlagen am Haus zu wenig Wind ab, dazu kommt die Geräuschentwicklung: "Wir kennen viele, die haben das aufs Dach gebaut, auch größere Anlagen und die Vibrationen vom Lager, die gehen ins Haus", sagt Klaus-Dieter Balke, Bundesverband Kleinwindanlagen, "es sei denn man hat Ahnung von Schwingungstechnik, dass man sich diese Schwingung aus dem Haus fernhält, aber das ist bislang wenigen gelungen."

Fazit: Kleine Windräder auf dem Dach lohnen sich nicht. Wer sich für die Technik interessiert und es als Hobby sieht, muss beim Kauf auf die Qualität der Produkte achten und beim Betrieb mit Geräuschen und Vibrationen rechnen.

Kleinwindkraftanlagen Preise

Wer seine Stromrechnung nennenswert drücken möchte, der muss also größer denken. Für das eigene Grundstück gibt es Windräder, die auf einem Masten montiert werden. Sie sind etwa 10 bis 20 Meter hoch und haben eine höhere Leistung als die Mikro-Windanlagen:

Klaus-Dieter Balke, vom Bundesverband Kleinwindanlagen: "Wenn man den Stromverbrauch beeinflussen will, sollte man eine Maschine nehmen, die so um die 5 KW hat und man muss dann schon ein bisschen Geld in die Hand nehmen, so zwischen 20- und 40.000 Euro. Und man muss damit leben wollen, dass die Amortisation schon 15 bis 18 Jahre dauern kann."

Kleinwindkraftanlagen Preise 10kw

Je nach Standort, Masthöhe und Rotordurchmesser geht man von einem Jahresertrag bei diesen privaten Kleinwindanlagen von bis zu 10.000 Kilowattstunden aus. Dafür muss die Windsituation vor Ort allerdings außergewöhnlich gut sein. "Viele Hersteller versprechen schnell, dass es hohe Erträge gibt. Da muss aber immer das Kleingedruckte lesen, denn es ist die Frage, bei welchen Windgeschwindigkeiten rechnet der Anbieter das", gibt Reinhard Loch, von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zu bedenken. "Man hat eben in der Stadt, insbesondere wenn man mitten in bebauten Gebieten ist, sehr geringe Windgeschwindigkeiten zwischen 2 und 3 Meter pro Sekunde im Jahresmittel. Sie brauchen aber für den Ertrag einer Windkraftanlage im Grunde genommen sowas wie 5 Meter pro Sekunde."

Und das hat man eigentlich nur in Freianlagen in Stadtrandlagen oder natürlich irgendwo im ländlichen Raum. Da kann sich so etwas schon mal lohnen, aber auch hier sind die Rahmenbedingungen entscheidend: Welche Technik setzt man ein, welche Größe, denn auch bei einer Montage gibt es vieles zu beachten. So benötigen viele Windräder ein Fundament. Und ab 10 Metern Höhe muss die Anlage in Bayern genehmigt werden. Außerdem sollten auch die Nachbarn frühzeitig mit ins Boot geholt werden, damit sich jeder über mögliche Geräusche und den Schattenwurf der Anlage Gedanken machen kann.

Woher weiß ich, ob bei mir genug Wind weht?

Es gibt Windkarten im Internet, zum Beispiel den Energieatlas Bayern: https://www.energieatlas.bayern.de/thema_wind/nutzung
Hier sieht man, wie viel Windpotential es bei mir theoretisch in 10 Meter Höhe gibt. 5 Meter pro Sekunde sollten es schon sein. Da schaut es in Bayern tatsächlich mau aus, vor allem in Wohngebieten.

Mit Wetterstation Windaufkommen daheim testen

Die Experten vom Bundesverband Kleinwindanlagen raten: Installieren Sie an dem geplanten Standort eine Wetterstation und schauen Sie sich ein paar Monate an, wie viel Wind tatsächlich bei Ihnen ankommt. Wenn der Wind nur halb so stark weht wie geplant, sinkt der Stromertrag meines Windrades schon auf ein Achtel.

Lohnen sich kleine Windräder?

Kleine Windanlagen für den privaten Haushalt rechnen sich in der Regel eben nicht so sehr und es fehlt durchweg das Kosten-Nutzen-Verhältnis. "Diese, ich sag mal Einfachheit und Zuverlässigkeit, wie wir sie mit Solaranlagen, PV-Anlagen erreichen können, fehlt", kritisiert Reinhard Loch, VZ Nordrhein-Westfalen, "wer also was im kleinen Haushalt tun will, kann auf diese Stecker-Solargeräte setzen, die sind im Moment sehr, sehr beliebt." Hier liegen die Anschaffungspreise um die 1.000 Euro und sie lassen sich am Balkon oder auf der Terrasse befestigt. Möglicherweise sogar auf dem Carport. PV liefert also mehr Ertrag, ist zuverlässiger und langlebiger, als es eine Kleinwindanlage zu leisten vermag.  

Bei den erneuerbaren Energien für das eigene Häuschen haben Solaranlagen also weiterhin die Nase vorn. Mehr dazu auch in unserer Podcast-Folge "Photovoltaik"

Unabhängig mit dem Windrad?

Wer bereits eine gut dimensionierte Photovoltaik-Anlage und einen passenden Batteriespeicher besitzt, kann mit einer Kleinwindkraftanlage die sonnenarmen Herbst- und Wintermonate überbrücken. Dafür benötigt man allerdings viel Geld und einen windstarken Standort. Kleinwindkraft eignet sich momentan am besten für Landwirte und Firmen mit eigenem Gelände, die das meiste von ihrem erzeugten Strom gleich selbst verbrauchen.

Alternative: Investition in einen Bürgerwindpark

Wer etwas für den Klimaschutz tun und gleichzeitig sein Geld anlegen will, für den kann sich unter Umständen eine Investition in ein lokales Bürgerwindrad lohnen. Engagierte Bürger oder Investoren kommen auf die Gemeinden zu und gründen eine Gesellschaft. Wenn ich mich daran beteilige, bekomme ich ein gewisses Mitspracherecht und im besten Fall eine gute Rendite. Diese ist allerdings stark abhängig von der Windsituation. Vor ein paar Jahren hat die Stiftung Warentest  einige Bürgerwindparks unter die Lupe genommen, da sind sie auf eine Rendite von rund 1,7% auf die gesamte Laufzeit von 20 Jahren gekommen. Wer das Geld übrig hat, für den kann sich eine Anlage in Bürgerwindparks lohnen, man muss allerdings die Risiken kennen:

"Es kann ja zum Beispiel sein, dass viel weniger Wind weht als gedacht. Man hat zwar schöne Prognosen gemacht und die decken sich vielleicht auch mit den letzten 20 Jahren, aber leider kommen lauter Flautejahre und es weht wenig Wind und die Erträge bleiben zurück", sagt Renate Daum, Stiftung Warentest. "Oder es kommt zu Streitigkeiten mit Nachbargemeinden. All das kann Kosten erzeugen, mit denen man nicht gerechnet hat und für die im Prinzip auch die Initiatoren meistens gar nichts können." Wichtig sei auch, so Renate Daum, mal zu schauen, zu viel Prozent das ganze Unternehmen eigentlich von Krediten abhängt. Denn, geht was schief, kriegt die Bank als erstes ihr Geld.  

Wundern Sie sich auch, warum man so oft Windräder sieht, die still stehen, obwohl eigentlich genug Wind weht? Hier erklären wir's: Warum steht das Windrad still?

Weiterführende Links:

Hier erfahre ich, wie bei mir der Wind weht: https://www.energieatlas.bayern.de/thema_wind/nutzung

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