Bayern 1


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Geothermie Lohnt sich für mich eine Erdwärmeheizung?

Erdwärme hat großes Potenzial als Energieträger - gerade in Bayern sind die geologischen Voraussetzungen oft optimal. Welche Arten von Erdwärme-Heizungen es gibt und wie Sie die beste für sich finden, lesen Sie hier.

Von: Kathrin Kolb

Stand: 10.11.2022

Geothermiebohrung | Bild: mauritius-images; Bearbeitung: BR

(28.6.2023: In diesem Artikel sind noch nicht die Ergebnisse der Beratungen der Ampel-Koalition vom 28.6.2023 berücksichtigt; sobald konkrete Vorgaben in Form des verabschiedeten Gebäude-Energie-Gesetzes vorliegen, werden wir dies nachholen)

https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/was-kostet-eine-erdwaerme-heizung-und-lohnt-sie-sich-fuer-mich/bayern-1/12085993/

Ist Geothermie zukunftsfähig?

Alle reden über den grünen Strom, aber wir brauchen über 50 Prozent unserer Energie für die Wärme. Bis jetzt haben wir dafür vor allem fossile Energieträger verbrannt, wie etwa Erdgas. Dabei schlummert unter unseren Füßen eine unendliche Quelle - die Wärme aus dem Inneren der Erde.

Was versteht man unter Geothermie?

Es gibt die tiefe Geothermie, also die Kraftwerke, die gleich ein ganzes Stadtviertel mit Wärme versorgen können. Und es gibt die oberflächennahe Geothermie, mit der man Ein- oder Mehrfamilienhäuser heizt.

Bei der tiefen Geothermie wird meistens zwischen 2.000 und 4.000 Meter tief gebohrt. In Bayern wird nur die so genannte "hydrothermale Geothermie" betrieben. Dabei werden zwei Löcher gebohrt: Aus dem einen holt man heißes Thermalwasser aus der Erde, entzieht ihm die Wärme und leitet es durch die andere Bohrung wieder hinein. Mit Hilfe von Fernwärmeleitungen kommt die Wärme dann in den umliegenden Vierteln an.

Wenn die Bedingungen stimmen, kann man mit Geothermie auch Strom erzeugen. Günstiger in der Erzeugung ist allerdings Strom aus Solar- oder Windenergie.

Geothermie Bayern

In Deutschland gibt es 42 Geothermie-Kraftwerke; 25 davon stehen in Bayern - und die meisten davon rund um München. Hier stimmen die Voraussetzungen: Die Gesteinsschicht, das "Reservoir", ist durchlässig genug und das Thermalwasser ist teils über 120 Grad heiß. Durch den Süden Bayerns zieht sich das sogenannte "Molassebecken", eine der Handvoll Regionen in Deutschland, die besonders gut für die Geothermie geeignet sind. Von 30 Bohrversuchen war man in Südbayern bis jetzt 25 mal erfolgreich.

Maßgeblich mit vorangetrieben hat diese Entwicklung Dr. Erwin Knapek. Er hat in seiner Zeit als Bürgermeister von Unterhaching die Wärmeversorgung der Gemeinde auf Geothermie umgestellt. Er kann nicht verstehen, warum man weiterhin am Gas als Wärme-Energieträger festhält:

"Wenn man schon immer von 'Gas als Brücke' spricht, dann sollte man diese Brücke auch mal nutzen, um Erneuerbare wirklich auszubauen. Und das ist vor allem die Geothermie. Es ist alles drin, ist technisch alles machbar, ist alles schon überprüft, ist nicht gefährlich - und sie ist unabhängig von jeglicher Witterung, von jeglicher Jahres- und Tageszeit, immer vorhanden, 24 Stunden am Tag. Ich verstehe das nicht, warum man da nicht so ohne weiteres reingeht. Ich kann es nur mit wirtschaftlichen Gründen nachvollziehen, denn man erzielt natürlich nicht sofort so hohe Renditen mit der Geothermie, die man natürlich mit Gas erzielen kann. Aber was bringt mir das ganze Geld, wenn am Schluss das Klima kaputt ist?"

Dr. Erwin Knapek, Bundesverband Geothermie

Wie teuer ist die Geothermie?

Weil die Renditen nicht so hoch sind, finden sich in Deutschland fast nur Kommunen, die in Geothermie investieren. Besonders hoch ist das Risiko zu Beginn, wenn noch nicht klar ist, ob die Bohrung erfolgreich ist. Jede Bohrung kostet um die 10 Millionen Euro, für die Kraftwerkstechnik kommt noch mehr als doppelt so viel dazu und jeder Meter Fernwärmeleitung schlägt auch noch zusätzlich mit mindestens 1.000 Euro zu Buche.

Geothermie Nachteile

Manch ein Anlieger befürchtet Erdbeben durch Geothermie-Bohrungen. Und tatsächlich können durch den Druck, mit dem das Wasser wieder zurück in die Erde gepumpt wird, Mikro-Erdbeben entstehen. Diese sind jedoch in den allermeisten Fällen nicht zu spüren und reihen sich ein in die natürlichen Erdbeben, die es auch in Bayern jedes Jahr gibt. Die LMU München betreibt ein sensibles Sensornetz, um die Erdstöße rund um die bayerischen Geothermiekraftwerke zu überwachen.

Geothermie Heizung

Auch für bestehende Häuser kann eine Erdwärmeanlage nachgerüstet werden.

Doch es geht nicht nur immer um die großen Kraftwerke, auch Hausbesitzer können Erdwärme nutzen - Stichwort "Erdwärmepumpe". Das Fraunhofer Institut IEG schätzt, dass man damit bis zu 600 Terrawattstunden Wärme im Jahr erzeugen könnte - das wäre dann ungefähr die Hälfte unseres Wärmebedarfs. Die Nachfrage nach Erdwärmepumpen ist in letzter Zeit stark gestiegen, die Betriebe haben mit Fachkräftemangel zu kämpfen und kommen mit der Auftragsbearbeitung kaum hinterher.

Allerdings ist nicht jedes Grundstück für eine Erdwärmeheizung geeignet. Es muss groß genug sein, außerdem gibt es rechtliche Beschränkungen, was zum Beispiel den Trinkwasserschutz angeht. Einen ersten Überblick kann man sich über die Ortssuche auf dem Umweltatlas Bayern verschaffen, das letzte Wort hat dann das Wasserwirtschaftsamt.

Wie funktioniert Geothermie?

Thomas Popp ist vom Verein Erdwärme Gemeinschaft Bayern. Er berät Privatleute, wie sie am besten die Wärme aus der Tiefe ihres Grundstücks nach oben holen und erklärt die drei verschiedenen Systeme, die es dabei gibt:

1. Die Grundwassernutzung. Sie ist die effizienteste Lösung, aber hier kommt es auf die Qualität und die Quantität des Grundwassers an.
2. Die Erdwärmebohrung. Sie ist die sicherste Lösung, weil man hier ab 20 Metern Tiefe eine immer gleichbleibende Temperatur fördern kann.
3. Der Flächenkollektor. Wer einen großen Garten hat, oder aber auch nicht bohren darf, hat damit eine gute Lösung. Die zudem nicht ganz so teuer ist: Der Flächenkollektor zum Beispiel kostet fast nur die Hälfte der Bohrung.

Was kostet Geothermie für ein Einfamilienhaus?

Bei einem Einfamilienhaus muss man für eine Erdwärme-Bohrung mit Erdwärmepumpe und den Rohren ins Haus rund 60.000 Euro einplanen, so Popp weiter. Je nach Aufwand und System amortisiert sich die Anlage dann nach 10 bis 20 Jahren. Je ökologischer der Strom, umso besser ist der CO2-Fußabdruck der Erdwärmepumpe. Für Heizung und Warmwasser muss man rund 3.500 KWh Strom im Jahr einplanen. Viele Stromversorger bieten spezielle Wärmepumpen-Tarife an.

Wie gut sind Erdwärmepumpen?

Wie effizient eine Wärmepumpe arbeitet, sieht man an der sogenannten "Jahresarbeitszahl". Die liegt bei einer Erdwärmepumpe im Schnitt bei 4. Man kann also mit einer Kilowattstunde Strom theoretisch 4 Kilowatt Wärme erzeugen. Damit liegt die Erdwärmepumpe bei der Effizienz zwischen einer Grundwasser-Wärmepumpe und der beliebten Luft-Wärmepumpe. Besonders im Winter spielt die Erdwärmeheizung ihr Plus aus, weil die Erde nicht so stark auskühlt wie die Luft. Die Verbraucherzentralen raten zusätzlich, einen Wärme-Mengenzähler zu installieren, dann kann man bei Abweichungen reagieren.
Umfassende Infos zur Wärmepumpe hat die Verbraucherzentrale hier zusammengestellt: Wärmepumpe – Alles was Sie wissen müssen im Überblick.

Kann ich Erdwärme auch nachrüsten?

Auch im Altbau kann man Erdwärmepumpen nachrüsten. Das lohnt sich zur Zeit besonders: Wer seine alte Öl- oder Gasheizung austauscht, bekommt bis zu 40 Prozent Förderung vom Staat. Auf ein paar Dinge muss man allerdings achten, betont Thomas Popp vom Verein Erdwärme Gemeinschaft Bayern:

- Komme ich auf das bestehende Grundstück mit einem Bohrgerät zum Beispiel drauf, kann ich die Baustelle einrichten?
- Muss ich die Heizungsanlage eventuell erneuern? Also passen die Verrohrungen und die Heizkörper noch zu diesem neuen System?
- Ist es vielleicht sinnvoll, die Gebäudehülle noch etwas zu ertüchtigen (Dämmung, Fenster oder Dach)?

Wenn das Haus zu schlecht gedämmt ist, braucht die Wärmepumpe unter Umständen zu viel Strom. Erdwärmepumpen kann man übrigens auch mit normalen Heizkörpern kombinieren, allerdings dürfen diese nicht zu klein sein. Man sollte sich vorher gut beraten lassen.

Erdwärmepumpe als nachhaltige Klimaanlage

Wer eine Flächenheizung hat, wie zum Beispiel Boden- oder Wandheizung, der kann seine Erdwärmepumpe im Sommer auch zum Kühlen verwenden. Thomas Popp erklärt, wie:

"Im Prinzip drehe ich im Sommer die Quelle um. Das heißt, ich entziehe nicht dem Erdreich die Wärme, sondern ich entziehe dem Gebäude die Wärme. Und die schicke ich quasi über den Wärmetauscher der Wärmepumpe in das Erdreich zurück. Und weil wir im Erdreich Temperaturen um die 10 Grad haben und diese 10 Grad dann auch letztendlich so wieder im Gebäude ankommen, klimatisiere oder kühle ich mein Gebäude dadurch etwas nach unten. Im Innenraum sind etwa 3 bis 6 Grad weniger drin."

Thomas Popp, Erdwärme Gemeinschaft Bayern e.V.

Funktion einer Geothermie-Anlage im Winter und im Sommer - mit Zusatzfunktion als Klimaanlage.

Diese Zusatzfunktion kostet im Schnitt 2.000 Euro mehr - ist dafür aber eine besonders energiesparende Methode, um die Wohnung zu kühlen: Man braucht nur einen Bruchteil der Energie, die für eine Klimaanlage nötig wäre.

Photovoltaik und Windkraft im "Besser leben"-Podcast

Lohnt sich für mich eine Photovoltaikanlage? Brauche ich unbedingt ein Süd-Dach und welche Fördermittel gibt es? Hören Sie dazu die "Besser leben"-Folge Was kostet eine Solaranlage für den Eigenbedarf?

Wie es aktuell um den Ausbau der Windkraft in Deutschalnd steht, warum gefühlt so oft viele Windräder stillstehen und wie sinnvoll Windkraftanlagen für Garten und Balkon sind, hören Sie hier: Wie zuverlässig ist Windkraft als Energielieferant in Deutschland?

Podcast "Besser leben. Der BAYERN 1 Nachhaltigkeitspodcast"

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