Bayern 1


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Fogging Wie entsteht der schwarze Staub an den Wänden?

Plötzlich sind weiße Wände und Decken schwarz. Erst seit Mitte der 90er-Jahre ist das Phänomen "Fogging" dokumentiert. Die Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Was wir wissen:

Von: Alexander Dallmus

Stand: 13.04.2023

Eine Frau streicht die Zimmerdecke | Bild: mauritius images / PHOVOIR / Alamy / Alamy Stock Photos

Fogging - über Nacht ist der Fensterrahmen schwarz

Bei BAYERN 1 Hörer Bernd aus der Lutherstadt Wittenberg in Sachsen-Anhalt ist es binnen zwei Wochen passiert. Im Wohnzimmer hat sich ein schwarzer, rußiger Belag auf Fenstern (Bild links) und an Stellen der Außenwände gebildet. Fensterrahmen und Tapeten sind schwarz. Kommt das rußige Etwas von abgebrannten Kerzen oder handelt es sich um das Phänomen "Fogging", wie der Schwarzstaub genannt wird? Schließlich sind Bernd und seine Frau Nichtraucher.

Schimmel oder Fogging?

Ähnlich wie Schimmel kann sich auch Schwarzstaub relativ schnell bilden. Sogar etwas schneller, nämlich innerhalb weniger Tage oder Wochen. Da das Fogging ausschließlich in der kalten Jahreszeit auftritt, nämlich vorzugsweise dann, wenn auch die Heizperiode läuft, ist es für den Laien von Schimmel nicht immer eindeutig zu unterscheiden.

Auch bei Schimmel gibt es sehr dunkle oder sogar schwarze Ausprägungen. Allein der Geruch ist unterschiedlich: Während Schimmel eher modrig riecht, ist Schwarzstaub geruchslos. Um ganz sicher zu gehen, sollte man sich aber fachkundige Hilfe holen. Ein Sachverständiger kann eine Differenzierung sicher vornehmen. Woher Verfärbungen, Flecken oder Ablagerungen in einer Wohnung stammen, ist auch für Fachleute nicht immer einfach festzustellen und gleicht in vielen Fällen einer Detektivarbeit.

Wo tritt Fogging auf?

Außer dass Fogging vorzugweise in den Herbst- und Wintermonaten auftritt, ist noch eine Tatsache auffällig: Ausgerechnet in Neubauten oder frisch renovierten Wohnungen tauchen oft – quasi über Nacht – die schwarzen Stellen auf. "Eben immer dann, wenn bauliche Eingriffe stattgefunden haben", sagt Klaus Edelhäuser, Bauingenieur aus Rothenburg o.d. Tauber, "entweder außen oder innen. Dann können plötzlich solche Sachen zutage treten und auch in kurzer Zeit." Übrigens ist der Schwarzstaub kein städtisches Problem und entsteht auf dem Land ganz genau so.

Fogging Heizkörper

Der Belag kann sich zudem in mehreren Räumen absetzen. Hauptsächlich bildet er sich oberhalb von Heizkörpern oder auch Leuchten, also an der Decke. An Gardinen und Vorhängen wie auch auf Fensterrahmen, Rollokästen (siehe Bild oben), Kunststoffflächen und elektrischen Geräten, wie beispielsweise hinter Kühlschränken, finden sich plötzlich dunkelgraue oder schwarze Verfärbungen. Sehr oft sind die Innenflächen der Außenwände einer Wohnung betroffen, "als einzelne Flecken bis hin zu großflächigen Verschmutzungen, die aussehen als hätten Schwelbrände stattgefunden", wie es beim Umweltbundesamt (UBA) in Dessau heißt.  

Wer mit dem Finger leicht drüber streicht, fühlt einen öligen Film, der meist aus verschiedenen Stoffen besteht. Im Grunde genommen sind es sehr feine Staubpartikel, die mit so genannten Weichmachern oder anderen schwerflüchtigen, organischen Verbindungen verbunden sind.  "Beim Schwarzstaub ist eine gewisse schmierige Konsistenz charakteristisch", sagt Peter Tappler, Raumanalytiker aus Österreich, der schon seit gut 20 Jahren dem Phänomen auf der Spur ist. Daraus ergibt sich für die Betroffenen das Problem, dass die Ablagerungen nicht einfach zu entfernen sind. Stoffe lassen sich meist waschen, die öligen Flecken auf Wänden können dagegen nur mit fettlöslichen Reinigern vorsichtig abgenommen werden. Wobei die Gefahr besteht, dass die Ablagerungen weiter verschmieren.

Fogging Ursachen

Dass das Phänomen Fogging erst seit Mitte der 90er immer wieder auftritt, ist für Experten ein Hinweis, dass es auch mit einem Wechsel der Baustoffe und der Verwendung von Lösungsmitteln zusammenhängt. So sind zum Beispiel auch in Vinyltapeten, Kunststoff-Dekorplatten und Holzimitat-Paneelen eben jene Weichmacherverbindungen, langkettigen Alkane oder Fettsäureester zu finden, die bei der Bildung von Schwarzstaub eine Rolle spielen können. Bei bestimmten Produkten, sagt Klaus Edelhäuser, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer Bau, ist daher eben eine Gefährdung höher: "Es kann in Farben, Lacken, in Laminatböden oder Laminat-Elementen sein. Und man kann natürlich einem Bauherrn raten, auf ganz bestimmte Baustoffe oder Bauprodukte zu gehen. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es natürlich nicht."

Fogging durch Kerzen, Räucherstäbchen & Co.

Weil eben auch das Nutzerverhalten offenbar eine gehörige Rolle spielt, vor allem was die Erzeugung von Feinstäuben angeht. So werden – und das zeigen die dokumentierten Fälle immer wieder – Haushalte, in denen geraucht wird oder oft Kerzen, Räucherstäbchen sowie Duftlampen entzündet werden, häufiger vom Schwarzstaub heimgesucht. Raumanalytiker Peter Tappler, der auch als Sachverständiger betroffene Wohnungen untersucht, ist noch etwas Anderes aufgefallen: "Es ist auch für mich erstaunlich, dass sehr viele Wohnungen, in denen Schwarzstaub auftritt, von Personen bewohnt werden, die in überhöhtem Ausmaß ihre Kosmetikprodukte verwenden. Sprays, aber auch Putzmittel. Und wir glauben, dass das auch einer der Gründe sein kann, warum Schwarzstaub auftritt". Was das Phänomen aber so unberechenbar macht: Es gibt immer eine Ausnahme von jeder Regelmäßigkeit. Fogging tritt auch in Wohnungen von Menschen auf, die eben kein Haarspray oder ähnliches benutzen. Oder von zwei grundrissgleichen Wohnungen im selben Neubau-Ensemble ist nur eine befallen.

In Kombination mit Luftbewegungen und Luftzirkulation im Raum lagern sich die bereits beschriebenen, feinsten Stäube oft dort ab, wo der Effekt am stärksten auftritt: Oberhalb von Leuchten oder Heizkörpern, entlang an kalten Außenwänden oder auch Wärmebrücken, die entstehen. Problematisch ist es vor allem, Räume ganz auskühlen zu lassen, um vermeintlich Energie zu sparen. Wenn dann die Heizung wieder eingeschaltet wird, entsteht ein Effekt, der Fogging begünstigen kann, sagt Bauingenieur Klaus Edelhäuser: "Das ist wie ein Umwälz-Motor, der dann den Staub erst so richtig herumwälzt. Dann sind die Oberflächen geradezu einladend, dass sie dort die Ablagerungen kriegen."

Fogging vorbeugen

Wie bereits erwähnt haben plötzliche Schwarzstaub-Ablagerungen nicht nur eine Ursache, sondern entstehen aus einer Kombination ganz verschiedener Einflüsse:

  • Feinstaub entsteht durch das Abbrennen von Zigaretten, Kerzen oder Öllampen. Ebenso erzeugen Haarsprays oder Duftsprays feinste Stäube. So viel wie möglich davon zu vermeiden, ist sicher hilfreich.
  • Richtiges Heizen und Lüften ist wichtig.
  • Lüften ist immer gut fürs Raumklima. Gerade in gut gedämmten und luftdichten Gebäuden, mit eingeschränktem Luftaustausch, werden dadurch in die Innenraumluft abgegebene, schwerflüchtige organische Verbindungen reduziert.
  • Auch Elektrogeräte wie Staubsauger oder Kühlschränke können durch entsprechende Luftzirkulation Ablagerungen begünstigen. 
  • Farben und Lacke, die ohne Weichmacher oder Lösemittel auskommen. "Unsere Erfahrung ist, wenn wir im Zuge einer Sanierung die Wohnungen mit Silikatfarben, also mit mineralischen Farben oder Kalkfarben ausstatten, dass diese Verfärbungen nicht mehr kommen", sagt Raumanalytiker Peter Tappler, schränkt aber zugleich ein "es wäre aus meiner Sicht, mit dem heutigen Stand des Wissens, verfehlt, jetzt automatisch vom Erfolg dieser Farben auszugehen. Es sind alles Vermutungen."

Ist Fogging giftig?

Auch wenn die schwarzen Ablagerungen nicht schön anzusehen sind, eine Gefahr für die Gesundheit sind sie, zumindest nach Ansicht des Umweltbundesamtes, nicht. Sie zu entfernen, ist jedoch nicht ganz einfach. "Fette kann ich in der Regel lösen, indem ich Spülmittel oder so etwas nehme", rät Klaus Edelhäuser, "vorsichtig abwaschen und dann erst mit einem neuen Anstrich drübergehen." Wird der Fleck einfach überstrichen, dürfte er aufgrund der öligen Konsistenz schnell wieder durchscheinen. Bei Tapeten ist oftmals nichts zu retten und es muss neu tapeziert werden.

Und selbst, wenn alles wieder neu hergerichtet ist, bleibt immer die Angst, dass die schwarzen Flecken wiederkommen. "Da empfehlen wir ganz dringend, Gewohnheiten zu ändern", sagt Raumanalytiker Peter Tappler, der auch durch das Abfragen des Nutzungsverhaltens der Bewohner versucht Rückschlüsse zu ziehen, "eine Sache von vielen, die dann letztendlich aber in den meisten Fällen zu einer befriedigenden Lösung führt."

Fogging in der Wohnung - rechtliche Lage

Da sowohl Ursachenforschung wie auch notwendige Renovierungsarbeiten oft viel Geld kosten und am Ende nicht immer klar ist, was der hauptsächliche Grund für die Bildung des Schwarzstaubs ist, müssen oft die Gerichte darüber entscheiden, wer zahlt.

In Deutschland haben einige Gerichte und auch der Bundesgerichtshof bereits zugunsten der Mieter entschieden und einen Mietmangel aufgrund von Schwarzstaub festgestellt. "Zwar geht Fogging nicht mit einer Gesundheitsgefährdung einher, ruft aber Gefühle von Widerwillen bei der Wohnungsnutzung aus und lässt eigene – unbegründete – Zweifel an mangelnder Hygiene entstehen", heißt es beispielsweise im Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf (Az.: 30 C 10487/08. jlp). In Österreich hat der Oberste Gerichtshof aber auch schon zugunsten des Vermieters entschieden, nachdem keine Baumängel festzustellen waren. Hier musste in einem Revisionsverfahren der Mieter die Renovierungskosten tragen, weil sein Nutzungsverhalten als ursächlich angesehen wurde.

Es liegt was in der Luft - auch bei dieser Podcastepisode:

https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/sind-duftkerzen-schaedlich/bayern-1/10849407/

Quellen:

Podcast "Besser leben. Nachhaltig im Alltag mit dem Umweltkommissar"

Alle Episoden zum Nachhören oder auch den Podcast im Abo gibt's jederzeit und kostenlos in der ARD Audiothek, bei iTunes, Spotify und Alle Folgen zum Nachlesen finden Sie auf der Übersichtsseite "Besser leben. Nachhaltig im Alltag mit dem Umweltkommissar".

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