Markt für Mehrweg wird eng Handel befeuert Siegeszug der Einwegflasche
Ist das Modell Mehrweg noch zu retten? Die Verbraucher greifen lieber zu leichten und billigen Einwegflaschen. Der Handel hilft noch nach. Mit Tricks werden ökologisch sinnvolle Verpackungen vom Markt gedrängt.
Dem Handel sind Mehrwegflaschen lästig, weil sie relativ viel Aufwand mit sich bringen. Deshalb versuchen die großen Ketten offenbar, die ökologisch sinnvollen Verpackungen aus dem Markt zu drängen. Hersteller und Lieferanten müssen nach Recherchen des Funkstreifzugs bei manchen Handelsketten 25% mehr Leergut zurücknehmen, als sie anliefern. Auf einem Teil der Kosten bleiben sie sitzen.
"Wenn Sie 1000 Paletten auf dem Hof stehen haben, dann erreichen sie auch langsam den sechsstelligen Bereich, das ist also auch eine finanzielle Belastung."
Ulrich Jakoby. Leiter einer Saftkelterei im Breisgau
Bio im Karton
Das Problem ist: Der Kelterer muss an die großen Ketten liefern. 90 Prozent der Saftgetränke kaufen Verbraucher bereits bei Discountern und Supermärkten. Die sind sich ihrer Marktmacht bewusst – und spielen sie offenbar geschickt aus. Wer Mehrweg liefern will, muss dafür bezahlen. Oder umstellen, so wie Ulrich Jakoby. Seinen Bio-Apfelsaft füllt er zunehmend in Getränkekartons ab. Die entsorgt der Verbraucher, die perfekte Lösung für den Handel.
Siegeszug der Plastikflasche
Der uneingeschränkte Star unter den Getränkeverpackungen ist seit einigen Jahren die Einwegplastikflasche aus PET. Discounter wie Aldi und Lidl setzen schon seit langem auf diese Verpackung. Mit ihr können sie - trotz Pfandpflicht - die billigsten Preise anbieten und machen Druck auf die Supermarktketten. Auch bei Rewe und Edeka verdrängt die Einwegflasche aus Weichplastik die ökologisch sinnvolleren Mehrwegverpackungen. Bei Mineralwasser liegt die Quote bei 70 Prozent, hat die GFK-Marktforschung ermittelt.
Energiefresser Plastikflasche
Doch der Siegeszug der Plastikflasche hat für die Umwelt einen hohen Preis, warnt die Deutsche Umwelthilfe. Denn Einweg-Plastikflaschen sind Energiefresser.
"Für jede Abfüllung eines Liters muss eine neue Flasche hergestellt werden. Das führt auch zu Unmengen an Abfällen, die mit einer Mehrwegflasche eingespart werden könnten."
Thomas Fischer, Deutsche Umwelthilfe
Nun, könnte man sagen, so schlimm ist das mit dem Abfall auch wieder nicht: Schließlich sorgt die Pfandpflicht dafür, dass die Einwegflaschen zurückgebracht und recycelt werden. Tatsächlich macht das eingeschmolzene Material aber nur 30 Prozent bei einer Kunststoffflasche aus – der Rest muss neu hergestellt werden. Es ist nicht einmal sicher, wofür das Recyclingmaterial verwendet wird – aus einer PET-Flasche lässt sich beispielsweise auch ein Fleecepulli machen – und der wird danach sicher nicht wieder recycelt, sondern fliegt in den Müll.
Einweg oder Mehrweg?
Ökologisch unschlagbar: Glas
Mehrwegflaschen aus Glas dagegen lassen sich reinigen und dann bis zu 50 Mal befüllen. Bei Mehrwegflaschen aus Plastik ist die Zahl der Umläufe bereits deutlich geringer.
"Bier, Mineralwasser und Säfte, aus regionalen Brauereien, die sind nach wie vor unschlagbar in ihrer Ökobilanz."
Stephan Haufe, Umweltbundesamt
Irreführende Werbung
Allerdings ist, was für die Umwelt besser ist, nicht immer günstiger für den Einzelhandel. Damit Einweg sein schlechtes Image verliert, haben sich im vergangenen Jahr Aldi, Lidl, Pepsi und Co. zum Lobbyverbund "Getränkeverpackungen der Zukunft" zusammengeschlossen. Der Slogan des Verbunds: hygienischer, leichter, ressourcenschonender. Das ist nicht direkt gelogen, aber eine Irreführung. Denn die Einwegverpackungen sind nicht besser als Mehrweg, sondern nur ressourcenschonender als vor zehn Jahren, gibt der Sprecher des Lobbyverbunds zu.
Abstimmung mit den Füßen
Ökologisch sinnvoll oder nicht – die Einwegverpackungen werden immer beliebter. Vor allem die PET-Flasche hat einen Siegeszug hingelegt. Insgesamt hat sich der Anteil an Einwegverpackungen in zehn Jahren verdoppelt – tendiert bereits gegen 60%. Laut Verpackungsverordnung dürfte deren Anteil aber nur bei 20% liegen. Das ist die Zielmarke, die sich das Bundesumweltministerium gesetzt hatte. Seit Jahren wird dort über Modelle nachgedacht, die Entwicklung umzukehren. Kennzeichnungen auf Flaschen sind nach Sicht der Bundesregierung mit EU-Recht nicht vereinbar, eine Kennzeichnung der Verpackungen im Supermarkt steckt schon seit Umweltminister Gabriel in der Planungsphase.
Mehrweg ohne Ausweg
Eine Zwangsabgabe wie sie die Deutsche Umwelthilfe fordert, um Einweg-Plastikflaschen teurer und unttraktiver zu machen, unterstützen zwar Teile der Grünen, aber das SPD-geführte Bundesumweltministerium lehnt sie bislang ab. Damit dürfte der Siegeszug der Einwegflasche weitergehen und das Modell Mehrweg in der ökologischen Nische verschwinden.