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Schmerzfrei bergab Training und Entlastung für die Knie

Das Knie ist das Gelenk, das in unserem Körper am stärksten belastet ist. Beim Wandern trägt es nicht nur das komplette Körpergewicht, sondern auch den Rucksack. Beim Bergabgehen wirken Kräfte auf das Kniegelenk, die ein Mehrfaches des Körpergewichts ausmachen. Wir haben Tipps, damit es weniger schmerzhaft wird.

Stand: 06.10.2016

Entlastung fürs Knie | Bild: BR

Selbst aktive Bergsteiger wie Tourenführer gaben in einer Studie an, gelegentliche oder regelmäßige Beschwerden zu haben. Zwei Drittel nannten das Knie als Schmerzstelle.

Die Schmerzen im Knie können verschiedene Ursachen haben. Am häufigsten ist es eine Überlastung. Von der Hüfte geht ein großer Muskel zum Knie, der dafür sorgt, dass wir das Bein strecken und beugen können. An diesem Muskel ist die Kniescheibe befestigt. Von dort führt eine Sehne zum Unterschenkel. Wenn alles gesund ist, gibt es keine Beschwerden. Doch wenn es unter der Kniescheibe sticht, ist die Patellasehne überlastet, sagt Peter Müller, Leiter der Knie- und Schulter-Chirurgie am Universitätsklinikum München-Großhadern: "Die Patellasehne führt die Kniescheibe und sie kann sich bei großer Belastung entzünden, was zu Schmerzen führt." Der Knie-Experte nennt auch einen weiteren Grund für Knie-Beschwerden: "Es kann auch sein, dass die Kniescheibe nicht genau in der dafür vorgesehenen Rinne geführt wird. Da kann es zu verstärkter Abnutzung des Knorpels kommen, was zu einer Arthrose führen kann – und ebenfalls schmerzt."

Die gute Nachricht: Bei den meisten Bergsteigern verschwinden die Schmerzen so schnell wie sie gekommen sind. Wer nur kurzfristige Schmerzen hat, die am Folgetag abgeklungen sind, muss sich keine großen Sorgen machen.

Training für die Beinmuskeln

Um die Knieschmerzen zu vermeiden, kann man die Beinmuskeln trainieren. Walter Treibel, Orthopäde, begeisterter Bergsteiger und Vorsitzender der DAV-Sektion Oberland, empfiehlt zur Vorbereitung eine Art Skigymnastik: "Kniebeugen, aber nicht zu tief. Es reicht, wenn die Beugung 90 Grad erreicht." Peter Müller rät zudem, auch die seitlichen Oberschenkelmuskeln – die Adduktoren – zu trainieren, denn sie stützen das Knie ebenfalls und sorgen dafür, dass die Kniescheibe in ihrer Rinne geführt wird. So kommt es nicht so schnell zur Abnutzung. Leichtes Radfahren oder Schwimmen, besonders Kraulen, trainieren die Oberschenkelmuskeln ebenfalls.

Aufwärmen und Geh-Technik

Leichte Aufwärmübungen vor der Wanderung bereiten die Muskeln auf die Belastung vor. Müller empfiehlt, abwechselnd auf die Zehenspitzen zu gehen und dann den Fuß abzurollen. Beim Wandern und speziell bergab ist mit der richtigen Körperhaltung und Geh-Technik viel gewonnen.

"Bergab ist es wichtig, nicht stocksteif zu sein, sondern leicht in die Knie zu gehen. Jeden Schritt abfedern. Da sieht man dann zwar ein bisschen wie ein Fragezeichen aus, aber das macht nichts. Denn das Abfedern entlastet. Und dann den ganzen Fuß aufsetzen."

(Walter Treibel, Orthopäde und Vorsitzender der DAV-Sektion Oberland)

Vor allem bei losem Untergrund ist die Gefahr groß, dass man abrutscht. Das kann zum einen gefährlich werden, zum anderen belastet es das Knie deutlich stärker, weil es eine unkontrollierte Bewegung ist. Konzentration und kleine Schritte sind hier angebracht.

Kontrollierter Stockeinsatz

Stöcke unterstützen beim Bergabgehen. Gerade an Kanten, an denen größere Höhenunterschiede zu bewältigen sind, bringen sie eine deutliche Entlastung. Teleskopstöcke lassen sich individuell in der Länge anpassen. Ideal ist es, wenn Unterarm und Ellenbogen im 90-Grad-Winkel sind. Im flacheren Gelände werden die Stöcke abwechselnd eingesetzt, an Kanten macht es Walter Treibel so: „Ich setze beide Stöcke gleichzeitig unten ein, dann mache ich meinen Schritt. Wer mag, kann auch seitlich gehen, das kann zusätzlich entlasten.“ Allzu extensiv sollten die Stöcke aber nicht zum Einsatz kommen, vor allem bergauf rät Treibel davon ab: „Man verliert sonst den natürlichen Gleichgewichtssinn, weil man quasi auf vier Beinen geht.“

Auch eine Bandage kann helfen, denn sie stützt das Knie. Und da das Knie das komplette Körpergewicht plus Gepäck trägt, hilft es ihm ebenso, wenn der Rucksack nicht zu schwer ist. Wer am Knie empfindlich ist, sollte zudem steile Abkürzungen vermeiden und im Idealfall die Route so planen, dass der Abstieg flacher ist als der Aufstieg. Wenn die Beschwerden zu groß sind, muss auf den Abstieg verzichtet werden, und es geht mit der Gondel ins Tal zurück.

Tipps kompakt

  • Muskulatur stärken: Radfahren, Schwimmen (Kraulen), leichte Kniebeugen, Beinpresse, Adduktoren trainieren
  • Vor der Wanderung: aufwärmen
  • Beim Berabgehen: Schritte abfedern, in die Knie gehen, ganzen Fuß aufsetzen, Stöcke zur Entlastung verwenden
  • Nach der Wanderung: dehnen

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