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Triathlon Die Letzten im Ziel - und trotzdem Sieger

Was treibt einen Triathleten an, der weiß, dass er als einer der Letzten ins Ziel kommen wird, dass er Schmerzen, Krämpfe und Verzweiflung spüren wird? Das Fitnessmagazin hat nachgefragt.

Stand: 21.07.2016

Triathlon in Roth | Bild: BR

22.50 Uhr, Zielschluss im Triathlonpark in Roth: Die Wunderkerzen sprühen Funken und das Feuerwerk leuchtet am nächtlichen Himmel. Thorsten aus Berlin läuft nach 15 Stunden glücklich ins Ziel. Er hat zwar fast doppelt so lange gebraucht wie Sieger Jan Frodeno mit seiner Weltbestzeit von 7 Stunden 35 Minuten, doch trotzdem ist er glücklich: "Beim letzten Mal habe ich für den Langstreckentriathlon Challenge Roth noch länger gebraucht. Da waren keine Zuschauer mehr im Ziel, die Ränge leer und die Zeitmessung geschlossen. Deshalb wollte ich es diesmal unbedingt früher schaffen", sagt er.

Sein Durchhaltevermögen wird mit Jubel im noch vollen Stadion und dem stimmungsvollen Feuerwerk belohnt. Unterwegs auf den 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42 km Laufen hat er sich mit Musik motiviert: Beim Schwimmen und Radfahren hat er sie sich vorgestellt und beim Laufen darf man Kopfhörer benutzen.

Was treibt den Letzten an?

Was treibt einen Triathleten an, der weiß, dass er als einer der Letzten ins Ziel kommen wird, dass er Schmerzen, Krämpfe und Verzweiflung spüren wird, dass er unterwegs leidet? Vielleicht der Respekt, den man ja schon bekommt, wenn man die Langstrecke überhaupt bewältigt hat - egal wie lange man braucht.

Auch Diane aus Neuseeland war lange unterwegs: 16 Stunden und eine Sekunde. Warum tut sie sich das mit 60 Jahren noch an?

"Weil es eine Herausforderung, ein Härtetest ist. Ich wollte beim Laufen aufgeben, aber ich konnte nicht. Ich habe mich immer wieder selber angetrieben. Das war harte Arbeit, aber jetzt bin ich zufrieden, dass ich ins Ziel gekommen bin."

Triathlon-Teilnehmerin Diane

Tipps vom Sportwissenschaftler

Daumen hoch - im Ziel sind Magenprobleme und Versagensängste vergessen. Doch bei so einem Wettkampf gibt es viele Tiefpunkte, die man überwinden muss, weiß auch Sportwissenschaftler Kai Gemeinder von der Deutschen Sporthilfe: "Es geht an einem solchen Wettkampftag oft darum, den inneren Schweinehund zu überwinden. Selbst wenn der Körper nicht mehr will, muss der Kopf ihm sagen: Beweg dich weiter!"

Lothar Leder ist der „König von Roth“. Er und seine Frau Nicole Leder standen früher oft auf dem Siegertreppchen. Ihr Tipp für den Letzten auf der Wettkampfstrecke: "Der braucht mehr Motivation als Jan Frodeno mit Weltbestzeit, weil der so lang unterwegs ist. Der soll sich gut ernähren und als Motivation winkt der Applaus im Stadion - das ist super in Roth", sagt Leder.

"Die Strecke immer schön in kleine Abschnitte einteilen, sich Step by step vorarbeiten, und den Zieleinlauf visualisieren und vor Augen haben - dann wird es ihn hierher treiben, da bin ich ganz sicher."

Lothar Leder

Süchtig nach Endorphinen

So hat es auch Herbert geschafft. Mit schmerzverzehrtem Gesicht kommt er mit den Letzten ins Ziel. Nach einer Krebserkrankung ist dies sein erster Wettkampf, bei dem er auch Spenden für die Kinderkrebshilfe sammelt. Knapp 15 Stunden war er unterwegs, doch die Zeit ist Herbert egal. Sein Ansporn war es, zu beweisen, dass er sich von seinem Krebsleiden nicht unterkriegen lässt: "Die Ärzte haben gesagt, dass ich nie mehr einen Langstreckentriathlon machen könne. Nun habe ich es geschafft, aber jetzt kann ich nicht mehr", sagt er und humpelt in Richtung Versorgungszelt.

Wer sich einmal mit dem Triathlonvirus infiziert hat, der ist anscheinend süchtig nach dem Endorphincocktail und kommt - wie Thorsten - immer wieder.


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