Erkennen von Falschmeldungen Was hinter Startups steckt, die Fake News kennzeichnen

Startups wollen es uns erleichtern, Fake News im Netz zu erkennen, indem sie die Glaubwürdigkeit von Webseiten einschätzen. Aber ist es nicht gefährlich, wenn private Unternehmen diese Aufgabe übernehmen?

Von: Janina Lambrich

Stand: 11.03.2019 | Archiv

Sollten Unternehmen entscheiden dürfen, was im Internet stimmt und was nicht? | Bild: BR

In Miesbach sollen die Sommerferien gekürzt werden, der Sänger von Feine Sahne Fischfilet Jan "Monchi" Gorkow hat beim Anti-Rechts-Konzert in Chemnitz den Hitlergruß gezeigt und Prinz Harry und Megan Markle haben sich am Valentinstag getrennt. Echt jetzt? Nein, das sind alles Fake News. Dass das Netz voll davon ist, ist nicht neu und auch nicht, dass die zum Teil so gut gemacht sind, dass man das normaler User erst auf den zweiten Blick merkt.

"Die Nutzer im Internet sind mit einer ganz neuen Situation konfrontiert, weil es nicht mehr überall Gatekeeper gibt, die die Qualität prüfen. Deswegen sind da Hilfen grundsätzlich sehr sinnvoll."

Dr. Christoph Neuberger, Kommunikationswissenschaftler an der LMU

So eine Hilfe will zum Beispiel NewsGuard sein. Das amerikanische Startup will mit einem PlugIn das Entlarven von Fake News im Netz erleichtern.

Ein Team von Journalisten prüft dafür Nachrichtenseiten anhand verschiedener Kategorien. Es wird zum Beispiel gecheckt, ob trügerische Schlagzeilen benutzt und ob Informationen verantwortungsbewusst gesammelt und präsentiert werden. Die Bewertungen sollen alle drei Monate aktualisiert werden.
Wenn eine Website als nicht vertrauenswürdig eingeschätzt wird, taucht beim Suchen oder Öffnen dieser Seite im Browser ein rotes Ausrufezeichensymbol neben der URL auf. Wer wissen will, was genau bemängelt wird, kann das in einem ausführlichen Bewertungstext nachlesen. Aktuell ist das PlugIn nur für englischsprachige Inhalte verfügbar, deutsche Websites sollen bis Ende April überprüft werden können.

Und wenn sich NewsGuard täuscht?!

NewsGuard wirkt auf den ersten Blick wie ein richtig hilfreiches Tool. Aber: Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit, dass es mit seinen Einschätzungen immer richtig liegt. Der Onlineauftritt der britischen Boulevardzeitung Daily Mail wurde zum Beispiel am Abfang als nicht vertrauenswürdig eingeschätzt, weil er angeblich grundlegende Standards von Genauigkeit und Rechenschaftsplicht nicht einhält. Als sich ein Zeitungsmitarbeiter dann über die schlechte Bewertung beschwerte, gestand NewsGuard Fehler in der Bewertung ein und die Daily Mail bekam dann doch einen grünen Haken.

Solche Fehleinschätzungen können passieren. Außerdem stellt sich die Frage der Unabhängigkeit: Würde NewsGuard eine Webseite auch als schlecht einstufen, wenn diese das Unternehmen mit ein paar tausend Euro unterstützt?

Wie vertrauenswürdig kann ein privates Unternehmen sein?

Das Startup nimmt nach eigenen Angaben kein Geld von Nachrichtenseiten an, die es bewertet. Stattdessen bekommt es unter anderem Geld von Plattformen und Suchmaschinen, die das Tool integrieren.
Für Steven Brill, einen der Mitgründer von NewsGuard, gibt es momentan keine gute Alternative zu seinem Tool, um Fake News zu entlarven.

"Die Überprüfung könnte alternativ durch staatliche Regulierung erfolgen – das will aber niemand. Oder Algorithmen schätzen die Webseiten ein, aber das wird nicht funktionieren."

Steven Brill, Mitgründer von NewsGuard

Heißt konkret: Wenn sich schon Menschen bei ihrer Einschätzungen täuschen, wie sollen Algorithmen dann Satire oder persönliche Meinungsstücke erkennen?

PlugIns können das Mitdenken nicht ersetzen

Der Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger hält Innovationen wie das NewsGuard-PlugIn deswegen grundsätzlich für sinnvoll und sogar notwendig. Er lobt, dass das Startup transparent mit seinen Entscheidungen umgeht, weist aber auch darauf hin, dass die Nutzer auch selbst mitdenken müssen.

"In der Kommunikation und generell im menschlichen Umgang geht es darum, Vertrauen zu gewinnen. Letztlich muss ein Mensch entscheiden, wenn es um Wahrheitsfragen geht. Und wie immer, wenn Menschen irgendwas tun, ist damit zu rechnen, dass hier auch falsche Einschätzungen getroffen werden."

Dr. Christoph Neuberger, Kommunikationswissenschaftler an der LMU

Klar, generell sollte man weder Personen noch Seiten im Netz einfach blind vertrauen. Doch die Bewertung von NewsGuard durch Experten, durch Journalisten, ist grundsätzlich schon mal ein guter Schritt, um gegen die Flut von Fake News im Netz vorzugehen. Solange wir User immer im Hinterkopf behalten, dass sie sich auch irren und wirtschaftliche Interessen haben können.

Sendung: Filter, vom 11.03.2019 - ab 15 Uhr.