Mein Leben mit Rami // Teil 6 Wenn Helfer Hilfe brauchen

Bayern3-PULS Moderatorin Diane Hielscher hat einen Flüchtling aus Syrien bei sich aufgenommen: Rami kann bei ihr und ihrer Familie wohnen, in Berlin, in Sicherheit – was aber geschieht mit Ramis Mutter in Syrien?

Von: Diane Hielscher

Stand: 21.12.2015 | Archiv

Diane und Rami | Bild: Moritz H'lawatscheck

Es ist Sonntag. Rami, mein Freund und ich hängen zusammen auf dem Sofa ab und wir reden mal wieder über Essen.

"Innen ist Fleisch und außen etwas, das ich nicht beschreiben kann, das Gericht heißt....wir essen es immer an Feiertagen. Es ist sehr lecker! Das muss ich unbedingt mal kochen."

Rami

Mein Freund hat ein sprechendes Übersetzungsprogramm auf unserem Ipad installiert. Rami sagt auf Arabisch das Wort, das ihm auf Englisch nicht einfällt. "Grütze" antwortet die freundliche Computerstimme. "Aber Grütze woraus?", fragt mein Freund. "Wir haben auch Grütze aus roten Beeren!", sage ich. Rami verzieht das Gesicht. "Nein, Grütze aus Bulgur", sagt er. "Bulgur?", frage ich, "ist das nicht das Gleiche wie Couscous?"

Wir haben uns in den letzten Wochen immer besser kennengelernt, wir sprechen über Essen, Religion, Krieg und das Leben. Rami hat uns auch gefragt, ob wir ihm helfen können, seine Mutter nach Deutschland zu holen. Ramis Ehefrau Hadeel und die Kinder dürfen kommen - Familiennachzug. Seine 65-jährige Mutter darf nicht. Sie muss bei den Raketen bleiben. Der einzige Ausweg: Eine Verpflichtungserklärung, von uns, für sie. Wir müssten erklären, für den Unterhalt von Ramis Mutter aufzukommen, für Wohnen und Essen, solange sie in Deutschland lebt. Das können bis zu 850 Euro im Monat sein.

"Aber ich will kein Geld von Euch, ich werde mich um meine Mutter kümmern, egal, was ist. Ich werde dafür sorgen, dass sie Essen hat und eine Wohnung. Ich bin von meiner Religion aus dazu verpflichtet, ich muss bis zu meinem oder ihrem Tod für meine Mutter sorgen. Und ich werde das tun. Ihr müsst nichts bezahlen. Ich will kein Geld von Euch. Es geht nur um diese Unterschrift, sonst nichts."

Rami

Ich bekomme trotzdem Panik. 850 Euro! Wie sollen wir das machen? Ich sage Rami, dass das nicht geht. Wir haben zwei Kinder, wir arbeiten beide viel, um genug zum Leben zu haben. Rami ist zerstört. Er sitzt in unserem Wohnzimmer und weint. Mein Freund sagt, ich sei unsensibel. Wir recherchieren, lesen Gesetzestexte, fragen unsere Anwaltsfreunde. Es ist wie ein Adventure-Spiel am Computer, wir wollen ins nächste Level. Aber egal, was wir recherchieren, es gibt keine andere Lösung. Entweder wir unterschreiben eine Verpflichtungserklärung oder die alte Frau sitzt im Bombenhagel. Und wenn sie stirbt, haben wir nicht geholfen. Ich weiß nicht, ob ich damit leben kann, für immer.

Der größte Hoffnungsschimmer ist die Organisation "Flüchtlingspaten Syrien". Sie finanziert die geretteten Menschen mit Spenden. Das heißt: Wir müssten unterschreiben, aber nichts zahlen, das macht der Verein. Was bleibt ist ein Restrisiko: Ginge der Organisation zum Beispiel das Geld aus, wären wir wieder in der Pflicht. Mein Freund und ich schreiben Mails an die Organisation, Flüchtlingspaten antwortet minutenschnell. „Da geht es ihnen wie mir vor einem Jahr, Frau Hielscher“ schreibt kurz danach einer der Organisatoren. Und er schreibt auch, dass er mittlerweile seine vierte Verpflichtungserklärung unterschrieben habe, um Menschenleben zu retten. Wir überlegen hin und her. Tagelang. "Siehst Du, Menschen, die gar nicht erst helfen, haben all diese Probleme nicht", sage ich in einer ruhigen Minute zu meinem Freund. "Bereust Du es?", fragt er. "Nein."

Couscous ist übrigens eher weiß, fein gemahlen und kommt aus Nordafrika, Bulgurkörner sind goldgelb, grob und kommt aus dem Orient. Dort wo auch Rami herkommt. Dort wo seine Mutter sitzt. Dort wo die Bomben fallen. 

Ich bitte euch diesmal ganz persönlich um Hilfe. Wir wollen Ramis Mutter aus dem Krieg holen, damit sie nicht ohne Rami stirbt. Er wird für sie sorgen und wir wollen unterschreiben. Und das können wir nur, wenn "Flüchtlingspaten Syrien" uns unterstützt. Deswegen bitte ich euch diesmal um eine kleine Spende, zehn Euro im Monat reichen, um das Leben dieser Frau zu retten. Und viele weitere.