Initiative „Politbande“ Nürnberg „Wir sind eine Truppe, die an Nürnberg glaubt“

Die eigene Stadt politisch mitgestalten – wie klappt das am Besten? Klar, man kann einer Partei beitreten. Oder man macht es wie die Initiative „Politbande“ in Nürnberg und gründet einfach eine eigene Bewegung, um bei der Kommunalwahl anzutreten.

Von: Cosima Weiske

Stand: 18.02.2020 | Archiv

Von links nach rechts: Simona Leyzerovich und Manuel Gambert | Bild: Sebastian Lock, Mona Staude

Mit Parties in den Stadtrat: Die Nürnberger Initiative "Politbande" tritt dieses Jahr zum ersten Mal bei den Kommunalwahlen an. Das Kernziel ist es, selbstverwaltete Kulturzentren zu stärken. Außerhalb starrer Parteistrukturen haben sie dafür ihre eigene Initiative gegründet. Eine Bewegung, die statt mit Schirm und Rosen am Supermarkt zu stehen, lieber sogenannte Unterschriften-Partys veranstaltet. Wir haben uns mit den Mitgliedern Simona Leyzerovich und Manuel Gambert darüber unterhalten, was bei der Politbande anders ist, als bei den klassischen Parteien. 

PULS: Ihr wollt mit der Politbande vor allem auf der kommunalen Ebene aktiv sein, was sind die Gründe?

Simona Leyzerovich: Wir sind eine Truppe, die an Nürnberg glaubt, die das Potenzial in Nürnberg sieht. Wenn man jung und kreativ ist, im Kultur- oder im Kunstbetrieb tätig ist, wird einem oft geraten, die Stadt zu verlassen und beispielsweise nach Leipzig oder Berlin zu gehen. Außerdem ist in der Nürnberger Metropolregion alles ein bisschen übersichtlicher. Es ist nicht diese lähmende Größe, sondern man hat einfach das Gefühl, hier was bewegen zu können.

Was ist denn an der Politbande anders, als an einer klassischen Partei? 

Manuel Gambert: Ich glaube, der zentrale Unterschied, zwischen der Politbande und den Aktivitäten in klassischen Parteistrukturen ist, dass die Politbande eher den Charakter einer sozialen Bewegung hat. Und so eine soziale Bewegung hat natürlich eine ganz andere Dynamik als sie in Parteistrukturen möglich ist. Das macht das Ganze natürlich auch deutlich heterogener und manchmal durchaus auch anstrengender. Natürlich ist es da schwieriger, zu Positionen zu kommen, oder zu einem klaren Programm oder einer klaren Linie. Aber gleichzeitig sind natürlich die Diskussionen, die geführt werden, viel, viel lebhafter. Es sind auch andere Arbeitsweisen möglich und man wagt neue Aktionsformen.

Was genau schreckt euch denn an herkömmlichen Parteistrukturen ab?

Simona Leyzerovich: Klassische Parteien sind einfach so riesige Konstrukte, haben eine Vorgeschichte - als Normalbürger*in kann das schnell überfordern. Und dann muss man sich bei der Partei ja auch ein- beziehungsweise unterordnen. Idealerweise sollte man sich mit allen Zielen identifizieren können, die die klassische Partei hat. Das ist oft gar nicht so einfach, und kann auch abschreckend wirken.

Manuel Gambert: Politische Parteien haben natürlich gewisse, meist auch informelle, Machtstrukturen, die mich persönlich schon sehr frustriert haben. Eine Gruppe wie die Politbande geht meistens doch deutlich idealistischer, wenn man böse sein will, könnte man vielleicht auch sagen, etwas naiver an Politik ran. Ich habe aber schon das Gefühl, dass die persönliche Solidarität hier viel stärker ausgeprägt ist, als in so einem abstrakten Apparat.

Haben klassische Parteien für euch ausgedient?

Simona Leyzerovich: Ja, also für mich fühlt es sich schon so an. Die Politbande ist ja aus dem Wunsch entstanden, aktiv zu sein, und aus dem Mangel an etwas, wo man sich hätte anschließen können. Wir mussten was Neues machen, weil das Alte nicht mehr gepasst hat. Dementsprechend würde ich schon sagen, dass die anderen Parteien für die meisten Leute, die in der Politbande sind, ausgedient haben. Für andere Menschen mag die klassische Partei das Richtige sein, für uns ist das nicht mehr so.

Manuel Gambert: Generell will ich die klassischen Parteien gar nicht delegitimieren. Klassische Parteien haben den Vorteil, dass dort Strukturen entwickelt wurden, mit denen man wirklich auch innerhalb großer Organisationen zusammenarbeiten kann. Aber das, was wir hier in Nürnberg mit der Politbande vorhaben, nämlich für die Nürnberger Subkultur eine Repräsentanz in zentralen politischen Entscheidungsgremien in der Stadtgesellschaft zu schaffen, kann eben gar nicht in starren Strukturen stattfinden. Die Nürnberger Subkultur-Landschaft lässt sich nicht in starren Strukturen einfangen. Ich glaube, am Ende muss man einfach abwägen: Will ich eine dauerhafte politische Handlungsmacht entwickeln, will ich für größere Ideen werben, dann würde ich tatsächlich sagen, sind klassische Parteien das bessere Mittel. Wenn es mir aber darum geht, wirklich so ein kleineres Ziel, nämlich eine kommunale Repräsentanz von einem wichtigen Teil der Stadtgesellschaft zu erreichen – das sich gar nicht unter so einem Leitmotiv sammeln lässt – dann glaub ich, sind solche Ansätze wie die Politbande genau der richtige Weg. 

Wie schätzt ihr eure Chancen ein und was würdet ihr anderen empfehlen, die so eine Initiative starten wollen?

Simona Leyzerovich: Ich bin da total optimistisch. Ich habe mir auch überhaupt keine Sorgen gemacht, dass wir diese 610 Stimmen bekommen, um überhaupt zu der Wahl zugelassen zu werden, das war mir irgendwie total klar, dass das klappt, weil ich an Nürnberg und an die Szene und an die Bürgerinnen und Bürger glaube.

Und was würdet ihr anderen empfehlen, die so eine Initiative starten wollen?

Simona Leyzerovich: Ich finde generell sollte man daran glauben, dass man seine eigene Stadt und sein Umfeld selber gestalten und selber in die Hand nehmen kann. Man sollte sich aber auch aktiv Hilfe bei erfahren Menschen suchen und sich nicht davon abschrecken lassen, dass sie einem vielleicht erst mal abgeklärt und cool vorkommen. Es gibt eigentlich immer irgendwo Menschen, Institutionen, Vereine oder irgendwelche Förderer oder Förderinnen und Stiftungen, die dafür da sind, dich in deinem Vorhaben zu unterstützen.

PULS am 19.02.2020 - ab 15 Uhr