Brandburg vs. Neo-Nazis Wie Brandenburg seine rechte Szene Schachmatt setzt

Ab diesem Jahr können alle Geflüchteten in Brandenburg, die Opfer oder Zeugen von rechtsextremer Gewalt geworden sind, von der Abschiebung befreit werden. Damit schießen sich rechtsextreme Gewalttäter jetzt also ins eigene Bein.

Von: Luisa Filip

Stand: 05.01.2017 | Archiv

rechtsradikale in hayerswerda | Bild: picture-alliance/dpa

Brandenburg vor einem Jahr: In einem Supermarkt in Hennigsdorf werden zwei geflüchtete Frauen mit Kinderwagen von einem Mann mit einer Waffe bedroht. Es sei sein Land und die Frauen haben das gefälligst zu verlassen. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit greifen die Umstehenden ein. Einen Monat später wird ein 18-jähriger Afghane von einem Unbekannten in der Bahnhofsstraße von Cottbus ohne Grund angegriffen. Im darauffolgenden März: Fünf Geflüchtete werden in einem Club in Prenzlau rassistisch beschimpft und geschlagen.

Die restlichen Monate sehen auch nicht blumig aus: Allein im Jahr 2016 wurden im Bundesland Brandenburg 129 Straftaten gegen Geflüchtete und teilweise auch gegen ihre Unterstützer registriert.

Brandenburg schlägt die Nazis mit ihren eigenen Waffen

Ab diesem Jahr könnte die Anzahl der rechten Gewalttaten aber schlagartig zurückgehen. Denn mit jeder Straftat schießen sich die Rechtsextremen in Brandenburg ab jetzt ins eigene Bein: Geflüchtete, die Opfer oder auch nur Zeuge einer rechtsextremen Gewalttat werden, können ab diesem Jahr als Wiedergutmachungsgeste von seiner Abschiebung befreit werden.

Plus: Die Behörden sichern den Geschädigten Schutz und Sicherheit für ihren Aufenthalt in Deutschland zu. Das bedeutet im Umkehrschluss: Ab diesem Jahr machen die Nazis mit ihrem Hass und ihrer Gewalt nichts anderes, als den Geflüchteten ihren Aufenthalt in Deutschland zu verlängern - und nicht zu verkürzen.

Ganz neu ist das Grundkonzept nicht  

Im Grunde nutzt das Land Brandenburg aber mit dieser Regelung nur die schon vorhandenen Rechte der Geflüchteten.

Bereits im Sommer 2015 gab es eine ganz ähnliche Aktion. Damals ging ein Hashtag durch alle Medien: #Merkelstreichelt. Bei einer Fragenstunde brachte das Mädchen Reem aus dem Libanon Kanzlerin Angela Merkel ganz schön in die Bredouille: Das Mädchen und seine Familie sollten abgeschoben werden. Reem fängt während des Gesprächs an zu weinen. Merkel stellt sich sehr ungeschickt beim Trösten an.

Danach hagelte es einen Shitstorm, die Öffentlichkeit machte Druck – Reem und ihre Familie dürfen bleiben. Denn, wenn "erhebliches öffentliches Interesse" an den Abgeschobenen vorhanden ist oder "humanitäre oder persönliche Gründe" eine Abschiebung nicht rechtfertigen, können die Behörden eine Abschiebung revidieren. Das haben sie bis jetzt halt nur selten getan. Durch den Erlass wird das in Brandenburg aber jetzt auch wirklich festgeschrieben.

In den nächsten zwei Testjahren wird sich zeigen, was die neue Regelung bringt. Eines steht fest: Brandenburg könnte endlich mal ein Vorbild für andere Bundesländer sein.