Kommentar zum leeren Asylheim in München "Dann lasst doch Erstsemester da wohnen!"

Seit einem Jahr steht ein Asylheim in Perlach leer, Zimmer für 180 Menschen - und das in München. Der offizielle Grund: Es kommen zu wenige Geflüchtete. Alle anderen Wohnungssuchenden fühlen sich verarscht, genau wie unser Autor.

Von: Tobias Krone

Stand: 24.10.2017 | Archiv

Kommentar zum leeren Asylheim in Perlach | Bild: BR

In München-Perlach gibt es eine nagelneue Unterkunft. Eigentlich ist sie für unbegleitete minderjährige Geflüchtete gedacht gewesen, da jetzt aber nur noch wenige Menschen den Weg nach Europa schaffen, ist kein Bedarf mehr da. Die Konsequenz: Ein ziemlich hochwertiger, moderner Containerbau verschimmelt ungenutzt in Münchens Vorstadt – dabei könnten dort 180 Menschen wohnen. Leute, die ein Zimmer suchen, gibt es genug. Was für eine Verarschung!

Wohnungssuche ist die Hölle

München ist für Wohnungssuchende die Hölle. Jeder Erstsemester oder Auszubildende, der zum Ausbildungsbeginn in der Stadt ein Zimmer sucht, weiß, wie ätzend es ist, sich in überfüllten WG-Castings an potentielle Mitbewohner ranzuschleimen, nur um dieses 10-Quadratmeter-Kabuff für viel zu viel Geld zu kriegen. Die Wohnungsbaupolitik in München ist hoffnungslos überfordert. Verständlich – jedes Jahr 30.000 Einwohner mehr verkraftet keine Stadt besonders gut. Aber anstatt schnell und unbürokratisch anzupacken, Platz zu schaffen, kapituliert München vor der Bürokratie. Und so steht Wohnraum für 180 Menschen in Perlach leer.

Einen ersten Alternativvorschlag von Lokalpolitikern, man könnte in dem leeren Wohnheim geflüchtete Frauen unterbringen, wiegelte die Stadtverwaltung ab. Dazu seien die Räumlichkeiten nicht geeignet. Eine andere Idee wäre es, Studierenden oder Obdachlosen dort zumindest einen befristeten Schlafplatz anzubieten. Aber auch das geht nicht, sagt das Sozialreferat. Denn das Wohnheim steht auf Gewerbegebiet und da dürften nur Geflüchtete wohnen, weil es für die eine Ausnahmegenehmigung gibt – für deutsche Staatsbürger gilt die nicht.

Nutzt endlich die 3700 Quadratmeter!

Was München da durchzieht, kapiert kein Mensch – schon länger ist das, was in Perlach passiert, großer Bullshit. Seit dreieinhalb Jahren baut die Stadt an diesem Wohnheim herum. Um die Bewohner vor dem angeblichen Lärm der jungen Geflüchteten zu schützen, hat man eine vier Meter hohe Mauer gebaut, und von der Weltöffentlichkeit dafür zurecht einen Mega-Shitstorm kassiert. Jetzt, ein Jahr später, gibt es immer noch niemanden, der in dem Heim wohnt. Das Sozialreferat gibt zwar zu, dass es "intensiv" daran arbeitet, bis November ein neues Konzept zu finden für den Containterbau – doch diese gäbe es ja: mit Willen und etwas Fantasie. Wer jetzt diese 3700 Quadratmeter noch einen Tag lang ungenutzt rumstehen lässt, der muss blind sein für die krassen sozialen Probleme dieser Stadt.  

Sendung: Filter, 24.10.2017 - ab 15 Uhr.