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Interview mit Jeremy Jones "Die Wintersport-Community zusammenbringen, um den Klimawandel zu bremsen"

Jeremy Jones ist Snowboard-Legende UND Umweltschützer. Mit seiner Initiative "Protect Our Winters" kämpft er gegen den Klimawandel. Wir haben mit ihm übers Freeriden, den Klimawandel und seinen neuen Film gesprochen.

Von: Uli Knapp & Sophia Lattermann

Stand: 21.11.2018 | Archiv

Snowboarder Jeremy Jones | Bild: Oneill

Snowboard-Legende Jeremy Jones hat Generationen mit seinen Snowboard-Filmen geprägt. Darin fährt er von den höchsten Gipfeln die steilsten Hänge runter – und übertrifft sich gefühlt jedes Mal aufs Neue. Durchs Freeriden ist er berühmt geworden und hat inzwischen nicht nur längst sein eigenes Label, sondern auch die Umweltinitiative "Protect Our Winters" (POW) gegründet. Gegen den Klimawandel zu kämpfen ist für den Snowboarder eine Herzenssache – obwohl Freeriden und Klimaschutz ja nicht unbedingt gut zusammen gehen. Auch in seinem neuen Film "Ode to Muir" geht's um die Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Umwelt. Wir haben mit Jeremy über seinen neuen Film, die Leidenschaft fürs Freeriden und den Klimawandel gesprochen – und ob man mit gutem Gewissen fürs Snowboarden um die ganze Welt fliegen darf.

PULS: In einem deiner älteren Filme, in "Higher", gibt es eine Szene, in der deine Frau sagt, dass sie dir wegen deiner Erfahrung vertraut, wenn du in den Bergen unterwegs bist. Auf der anderen Seite sagt sie aber auch, dass Mutter Natur unvorhersehbar ist. Was ist das Gefährlichste daran, im Backcountry zu fahren?

Jeremy Jones: Ich könnte immer einen Schritt davon entfernt sein, meinen letzten Schritt zu machen. In entscheidenden Momenten muss es entweder ein lautes "Ja" sein oder es ist automatisch ein "Nein", weil man in den Bergen keine Fehler machen darf. Eine schlechte Entscheidung kann ein ganzes Leben mit vielen guten Entscheidungen auslöschen. Ich würde mich selbst in den Bergen niemals als Experte bezeichnen, sondern als Schüler. Jeder Tag dort draußen ist ein neuer Tag.

Bevor du einen riskanten Aufstieg oder eine krasse Abfahrt machst und dir nicht zu 100 Prozent bist, sagst du also lieber "Nein"?

Genau. Ich warte darauf, dass es der richtige Tag ist, um den Berg zu besteigen und ihn dann wieder runterzufahren. Und sogar an einem guten Tag muss ich mir 20 Mal selber "Ja!" sagen. Man beobachtet genau und sucht immer nach Gründen, um umzukehren. Finde ich keine, kann ich weitergehen. Und wenn ich oben ankomme, dann bin ich beinahe überrascht und kann kaum glauben, dass ich oben bin. Die Bedingungen in den Bergen können sich sehr schnell von sicher zu sehr gefährlich verändern. Dabei ist es wichtig, einen wachen Geist zu haben.  

Gab es schon Situationen, in denen du eine falsche Entscheidung getroffen hast?

Leider war ich bereits in zwei Situationen, in denen Menschen hätten sterben können. Wir hatten sehr viel Glück, dass niemand umkam. Es wäre jetzt leicht zu sagen, ich habe Kinder, ich gehe keine Risiken mehr ein. Die Frage ist dann aber: Gebe ich die Berge dann ganz auf? Oder lasse ich nur die extremen Touren? Die Berge können immer gefährlich sein. Auch unter den besten Bedingungen.

Du hast 2007 die Umweltinitiative "Protect Our Winters" (POW) gegründet. Welches Ziel verfolgst du damit?

POW will die Wintersport-Community zusammenbringen, um den Klimawandel zu bremsen. Und zwar indem sie die Leidenschaft der Wintersportler in eine Bestimmung verwandelt.

Wie versucht ihr, mit POW konkret etwas zu verändern?

Jeremy Jones

Auf der einen Seite ist es wichtig, dass jeder versucht, seinen eigenen CO2-Ausstoß zu reduzieren. Aber wir sehen vor allem auch die dringende Notwendigkeit, die Politik in den USA zu verändern. Im Moment sitzen in der Regierung Leute, die den Klimawandel bestreiten. Sie werden finanziert von der Industrie der fossilen Energie. Aus dem Grund wollen sie fossile Energie so billig und erneuerbare Energien so teuer wie möglich machen. Wir versuchen, mit Klima-Aktivisten gemeinsame Kampagnen zu starten. Und um die Leute zu erreichen, versuchen wir, ihre Art zu kommunizieren zu verstehen, also ihre Sprache, ihre Idole und ihre Kanäle. Instagram ist für uns ein gutes Medium. Da haben wir verschiedene Sachen ausprobiert: Lustiges, Ernstes, Künstlerisches, kleine und große Filme. Das hat gut funktioniert.

Willst du damit nur mehr Aufmerksamkeit und Bewusstsein für den Klimawandel schaffen? Oder gibt es konkrete Ratschläge von POW?

Wir haben eine "Climate Activists Roadmap" erstellt. Darauf stehen 17 Dinge, die man tun kann – von politisch aktiv werden, über den persönlichen ökologischen Fußabdruck verkleinern bis hin zu reflektieren, welche Marken man kauft. Wir versuchen, die Menschen auf jedem Level zu erreichen, um ihnen zu zeigen, wie man die Umwelt schützen kann. Und mittlerweile gibt’s POW zum Beispiel auch in Deutschland, Österreich, Frankreich oder Norwegen.

In deinem neuen Film "Ode to Muir" nutzt ihr keine Helikopter mehr – im Gegensatz zu vielen anderen Freeride-Filmproduktionen. Aus Rücksicht auf die Umwelt?

Der Film ist in meinem Heimatgebiet (High Sierra in Kalifornien) aufgenommen worden und konzentriert sich auf das, worauf ich auch mich in den letzten vier Jahren fokussiert habe: zu den entlegensten Flecken der Berge zu kommen und dabei autark zu sein. Wir waren dafür auf einem zehntägigen Trip, bei dem wir ins Herz des Gebiets vorgedrungen sind. Es geht im Film darum, etwas über die Vergangenheit des Gebiets zu lernen, darüber wie das Land früher geschützt wurde und vor welchen Herausforderungen das Land heute durch den Klimawandel steht. Damit wollen wir Leute auch dazu bringen, aktiv gegen den Klimawandel zu werden. Es ist ein Film, auf den ich sehr stolz bin.

Wieso heißt der Film "Ode to Muir"?

John Muir war der Erste, der dafür gekämpft hat, die Wälder in den USA zu schützen. Er ist in die Wildnis und hat dort gelebt. Darüber hat er auch geschrieben und damit Leute und letztlich die Politik dazu bewegt, die Wälder zu schützen. Auf unserer Reise wird alles durch die Zitate von John Muir erzählt und wir versuchen, Weisheit und Inspiration durch seine Worte zu gewinnen. Wir ehren das geschützte Land und lernen dabei auch, dass es durch den Klimawandel sehr beeinträchtigt wird. Dabei wird es auch politisch und wir fragen uns, wieso wir nicht mehr dagegen machen. Das größte Problem dabei ist, dass wir eine Regierung im Land haben, die den Klimawandel bestreitet. Mit dem Film wollen wir die Jugend bewegen, sich einzusetzen und wählen zu gehen.

Du bist für das Snowboarden, für die Filme, für dein Unternehmen und für die Organisation viel unterwegs. Fliegen ist ja alles anders als gut für das Klima. Wie kannst du das vereinbaren?

Ich denke, Reisen ist wichtig, um den Geist zu öffnen. Es gibt viele Leute in den USA, die ihre Heimatstadt nie verlassen haben, um die Welt zu sehen. Ich habe ein internationales Geschäft und arbeite mit Firmen zusammen, die ihren Sitz zum Beispiel in Amsterdam haben. Ich muss also nach Europa reisen. Aber ich versuche, wenn ich reise, möglichst viel in eine Reise zu packen.

Du warst schon auf der ganzen Welt zum Snowboarden. Wo hat es dir am besten gefallen?

Die Alpen sind tatsächlich mein Lieblingsort. Die Infrastruktur ist unglaublich, genauso wie die Kultur und die Vielfalt hier in der Gegend. Die Tatsache, dass du in diesem Tal snowboarden kannst und dann dort ein Bier trinken kannst, das seit 200 Jahren ausgeschenkt wird: Das ist toll! Und außerdem haben die Europäer sehr guten Schnee – die Wahrnehmung, dass die USA besseren Schnee hätten, ist falsch. Also wenn ihr in München lebt, dann lebt ihr in einer der besten Städte für den Wintersport.

Sendung: Filter, 20.11.2018 - ab 15.00 Uhr