TV & Serie // 4 Blocks Die realste deutsche Serie ever

Verrat, Schuld, Familie - Das neue deutsche Gangsterepos "4 Blocks" macht wirklich alles richtig. Ist 2017 endlich das goldene Serienjahr für Deutschland?

Von: Vanessa Schneider

Stand: 10.05.2017 | Archiv

4 Blocks | Bild: TNT Serie

Berlin Neukölln, Karl Marx Straße, wo sich ein arabischer Imbiss an den nächsten reiht. Toni und sein Bruder Abbas begehen ihr Revier. Der lange Bart wippt im Takt der schwingenden Schritte. Die ultralässige Sonnenbrille glänzt mit dem Ring am kleinen Finger um die Wette, der Anzug sitzt. Eine Szene wie aus nem Gangstarapvideo. Mit dem dazu passenden Soundtrack.

"4 Blocks" ist aber soviel mehr, als ein sechs Stunden langes Musikvideo. Wenn die Serie nach den ersten zwei Folgen genau so tight weitergeht, dann ist "4 Blocks" nicht weniger als die beste deutsche Serie seit Jahren. Dabei ist die Story um den zerrissenen, eigentlich ganz netten Mafiaboss jetzt wirklich nicht neu. Gut erzählt ist sie trotzdem.

Zwischen Ausländerbehörde und Knast

Kida Ramadan spielt den liebevollen Familienvater und Clanchef Ali Hamady - genannt Toni. In den letzten Jahrzehnten hat er sich ein kleines Imperium aufgebaut, seine vier Blocks: Nachtclubs, Drogen, Schutzgeld und Spielautomaten. Dabei träumt er eigentlich vom deutschen Pass - Toni will raus aus der Kriminalität und er hat's fast geschafft. Nur dann wird sein Schwager beim Dealen hochgenommen - und Toni muss doch wieder ran. Sein hitzköpfiger Bruder Abbas hat die Familiengeschäfte nicht unter Kontrolle.

Nicht ganz zufällig taucht zur selben Zeit Vince wieder auf: ein alter Jugendfreund von Toni, gefürchteter Schläger - und fast schon Familie, soweit das eben geht, als deutscher. Tonis Bruder Abbas ist misstrauisch und nimmt Vince in die Mangel.

Die Besetzung ist fantastisch

Abbas, gespielt von Rapper Veysel und Frederick Lau als Vince haben eine irre Chemie. Die beiden spielen mit einer Ernsthaftigkeit und Brutalität - ich spüre jeden der ungezügelten Schläge, jeden Blick. Und das ist so ungewohnt, so aufregend, dass ich beim Schauen Schmetterlinge im Bauch hab. Genau wie der Berliner Rapper Massiv gibt Veysel Gelin in "4 Blocks" sein echt beeindruckendes Schauspieldebüt. Er hat seine Rolle auf der Straße gelernt: Wegen Körperverletzung mit Todesfolge hat er drei Jahre im Knast gesessen.

Brutale Action, aber vor allem die Zwischentöne treffen hart

"4 Blocks" ist super authentisch, weil die Schauspieler die Dialoge mitgeschrieben haben - und die Macher direkt im Millieu recherchieren konnten. Wie bei einem Spaziergang durch Neukölln fliegen einem Arabisch, Türkisch und Polnisch um die Ohren. Entweder man versteht's, oder eben nicht - Untertitel gibt’s nicht. Eigentlich eine Nebensache, aber sie zeigt, wie viel die Macher von "4 Blocks" den Zuschauern zutrauen und zumuten. Dafür feiere ich die Serie. Und so brutal "4 Blocks" auch sein mag: Am heftigsten hat mich ein Satz von Toni Hamady getroffen - der lebt seit 26 Jahren in Deutschland und darf immer noch nicht arbeiten:

"Bruder, ich bin immer noch befristet, aber irgendwann hört diese Scheiße auf, mit diesem Amt, diesem ewigen Bewilligung verlängern."

Toni in '4 Blocks'

Diese Serie macht alles richtig. Der Soundtrack, die Besetzung, der Look, ja sogar die etwas abgedroschene Story. Nur eine Sache fehlt noch: Mehr deutsche Serien, wie "4 Blocks".

4 Blocks läuft ab dem 28. November 2017 dienstags auf ZDFneo um 23:15 Uhr und ist danach auf funk im Netz und in der funk-App zu sehen (sieben Tage lang).

Sendung: Filter, 10.05.2017 - ab 15.00 Uhr