TV & Serie // Cleverman Mit uralter Mythologie gegen Rassismus
"Cleverman" ist eine australische Science-Fiction-Serie, die geschickt Mythen der Aborigines mit einem dystopischen Zukunftsszenario verbindet, in dem gefühlt alle rechten Populisten der Welt an die Macht gekommen sind.
Das Zielpublikum für die australische Serie "Cleverman", das sind nicht wir. Auch die Australier sind es nicht. Das Zielpublikum für "Cleverman" ist genau eine Person: Der Sohn von Serienerfinder Ryan Griffen. Griffen ist Aborigine und wollte für seinen Sohn eine Superheldenwelt schaffen, die es mit denen von Marvel und DC aufnehmen kann. Nur sollen hier eben Aborigines die Helden sein.
Aber Koen (Hunter Page-Lochard), der Held von "Cleverman", ist gar keiner. Eigentlich ist er sogar ein ziemliches Arschloch: er ist egozentrisch, verrät seine Freunde und will nur schnell Kohle machen. Was man Koen zu Gute halten muss: Die Welt um ihn herum ist auch nicht viel besser. "Cleverman" spielt in einem dystopischen Australien der Zukunft. Neanderthaler-artige Menschen namens "Hairypeople" leben zusammengepfercht in Ghettos. Wer sich aus der Zone raus wagt, um ein besseres Leben zu suchen, der bekommt die Macht der Polizei zu spüren.
Tief verwurzelt in der Mythologie der Ureinwohner
Hilfe bekommen die Hairypeople nur vom sogenannten Cleverman - ein weiser Aborigine, der Kontakt zur Mythenwelt hat und auch schon mal Tote wieder auferstehen lassen kann. Als der alte Cleverman stirbt, geht die Macht über auf seinen nächsten Verwandten: unseren Antihelden Koen. Der ist plötzlich nicht nur sehr mächtig, sondern muss sein ganzes Leben überdenken. Koen hat Visionen von Menschen, die seine Hilfe brauchen. Geht er ihnen nach oder macht er weiter wie bisher?
Science-Fiction Filme und Serien spielen oft da, wo die meisten Zuschauer sitzen, in den USA. Dementsprechend übernehmen Roboter US-amerikanische Kleinstädte, Aliens landen in der US-amerikanischen Wüste und Künstliche Intelligenz entsteht an der US-amerikanischen Westküste. Aber das Nachdenken über die eigene Zukunft ist ja kein rein amerikanisches Genre. Umso erfrischender ist es, mal eine Science-Fiction-Geschichte aus Australien zu sehen: hier spielen Australier die Hauptrolle, es geht um australische Probleme – Diskriminierung von Flüchtlingen und Ureinwohnern, Ausbeutung und Grenzschutz. "Cleverman" verbindet geschickt Mythen der Aborigines mit einem dystopischen Zukunftsszenario, in dem gefühlt alle rechten Populisten der Welt gleichzeitig an die Macht gekommen sind. Dieses einmalige Szenario ist das große Pfund von "Cleverman", allein hierfür lohnt es sich schon einzuschalten.
Zu viel gewollt
Leider macht die Serie aus diesem Szenario zu wenig. Sechs Folgen hat die erste Staffel und jede der Folgen ist vollgestopft mit Handlung. Handlungsstränge überkreuzen und überschlagen sich, laufen kreuz und quer bis man irgendwann gar nichts mehr kapiert.
Ob die Serie dem Sohn von Erfinder Ryan Griffen letztendlich gefallen hat, ist nicht überliefert. Alle anderen finden hier eine solide Sci-Fi-Mystery-Serie - aber Marvel-Niveau hat der "Cleverman" nicht.
"Cleverman" läuft ab dem 05.09.2017 um 22:55 Uhr bei ONE
Sendung: Filter, 30.08.2017 - ab 15.00 Uhr